Stadtportal zur Münchner Stadtgeschichte
| Quelle | München und seine Bauten (574) |
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| Jahr | 1912 |
| Straße | Museumsinsel |
Der Museumsneubau wird nach dem preisgekrönten Ent- wurf des Professors Dr. Gabriel von Seidl aus Grund eines Preisausschreibens im Jahre 1905 entsprechend den von Dr. Oskar von Miller bereits bet der Gründung des Deut- schen Museums und in der ersten Ausschuhsihung im Jahre 1904 gemachten allgemeinen Angaben über die Raumdisposition ausgeführt. Die Stadtgemeinde München stellte in entgegenkommender Weise den Bauplan auf der Museumsinsel zur Verfügung und trug zu den Baukosten eine Million Mark bei. Weitere vier Millionen Mark wurden durch das Deutsche Reich und das Königreich Bayern und über zwei Millionen Mark aus Stiftungen der deutschen Industrie beigesteuert.
Im Jahre 1908 wurde von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser. Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzregenten Luitpold von Bayern und Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzen Ludwig von Bayern unter wärmster Anteilnahme des ganzen Reiches der Grundstein zum Neubau gelegt.
Die für einen Ausstellungsbau für Naturwissenschaft und Technik zum Teil sehr schwierigen Einrichtungen zur Aus- stellung von schweren Maschinen, für die Fundamente einer Reihe von Museumsobjekten, für dieVorsiihrung vonWas- sermotoren. Dampfmaschinen, elektrischen Apparaten usw., die Schaffung besondererAufstellungspunktc.Terrassenund Kuppeln für seismologische, geodätische, astronomische und andere Meßinstrumente, für Apparate zur Radiotelegraphie und Telephonic mußten von Anfang an im Einvernehmen mit der Leitung des Deutschen Museums so projektiert werden, daß die architektonische Ausgestaltung sich den technischen Bedürfnissen vollkommen anpaßt. Die gesamte Bauanlage mit ungefähr 30 000 qm Bausläche und 600000 cbm umbautem Raum besteht aus dem Aus- stellungsbau auf dem südlichen, dem Bibliotheksbau aus dem nördlichen Teil der Museumsinsel und aus zwei nied- rigeren Berbindungsbauten an der Ost- und Westseite, gruppiert um einen ca. ein Tagwerk großen Hof von vornehmer Ausgestaltung.
Der Ausstellungsbau von ungefähr 100 in Länge, 100 in Breite und ca. 12000 qin Baufläche besteht aus einerinneren, ca. 3600 qin überdeckenden Hallenanlage mit einer mittleren 25 m hohen und 20 in breiten Mittelhalle und zwei seitlichen, 14,5 in hohen und je 18 ni breiten Seitenhallen und aus einem diese Hallenanlage umschließenden zweireihigen äußeren Umbau mit Kellergeschoß, drei Stockwerken von 7,75 m bezw. 6,50 m bezw. 5,65 m lichten Höhen und Dachgeschoß.
In den Hallen sollen die schwereren und größeren Gegen- stände der Schiffahrt, der Luftschiffahrt, des Transport- wesens usw. und in dem Umbau die übrigen Ausstellungsgegenstände aufgestellt werden. Als hervortretende Hauptteile des Ausstellungsbaues erscheinen der Ehrensaalvorbau an der Nordfassade mit dem Vestibül im Erdgeschoß, dem Ehrensaal im 1. und 2. Stockwerk und der Sternwarte im oberen Teil und ein 65 m hoher Turm an der Westfassade. Letzterer wird auf seiner Plattform ein Observatorium erhalten und im übrigen zu Fallversuchen, zur Vorführung der Funkentelegraphie usw. benützt werden. Der gesamte Ausstellungsbau besteht aus Eisenbeton mit Ausnahme des Ehrensaalvorbaues, der aus Muschelkalk- hausteinen erstellt ist und des rückwärtigen Teils des südlichen Vorbaues, dessen Säulen und Giebel aus Ettringer Tuffsteinen ausgeführt sind. In olge der schlechten Beschaffenheit des Untergrundes der In el und des starken Wasserdurchzuges, sowie wegen der zugrunde gelegten großen Belastungsziffer aller Etagen mußte statt einer normalen Fundation eine solche mittels ca. 1600 Stück Strauß- und Eisenbetonpfählen ausgeführt werden.
Der Bau mit Kupferabdeckung wird nach außen hin eine einfache, indes vornehme architektonische Ausgestaltung mit guter Silhouette erhalten. Auch im Innern wird die Ausbildung eine ruhige und einfache werden. Lediglich im Vestibül, im Ehrensaal und im Haupttreppenhaus soll eine reichere Durchführung mit Kunststein- und Marmorver- kleidung erfolgen.
Mit den Arbeiten wurde im Frühjahr 1908 begonnen. Bisher ist nur der eigentliche Ausstellungsbau unter Dach. Im Herbst 1911 konnte das Richtfest gefeiert werden. Die Eröffnung des Ausstellungsbaues soll voraussichtlich im Jahr 1915 stattfinden.
Der Bibliothekbau, der ca. 9000 qm überdecken wird, soll die literarischen Erzeugnisse auf dem Gebiete der Natur- wissenschaft und Technik sowie eine große Plansammlung in allgemein zugänglicher Weise aufnehmen und die nötigen Lesesäle, einen großen Kongreßsaal, einige Vortrags- und Sitzungssäle mit einer Fassung von insgesamt 3000 Per- sonen enthalten. Er ist in seiner definitiven Gestaltung noch nicht festgelegt und sollen die in Amerika mit dem Bau und der Einrichtung großer Bibliotheken und Museen gemachten reichen Erfahrungen verwertet werden, zu welchem Zweck sich im Frühjahr 1912 eine Studienkommission, bestehend aus den Herren Reichsrat Dr. Oskar von Miller, Geh. Rat Professor Dr. W. von Dyck, Staatsminister Dr.-Jng. Graf von Podewils-Dürniz, Geh. Hofrat Oberbürgermeister Dr. W. von Borscht und sechs Ingenieuren nach Amerika begab.
Die Projektierung und die Bauoberleitung liegt in den Händen des Professors Dr. Gabr. von Seidl, welcher bei der architektonischen Ausgestaltung dieses eigenartigen Baues den vielfachen Anregungen und Wünschen des Museumsvorstandes in weitgehendstem Maße entgegenkam.
In die örtliche Bauleitung teilen sich Bauamtmann Dr.-Jng. Bosch und Architekt Gelius, welchen Bauführer Wenzl beigegeben ist. Als Mitarbeiter und Vorstand des Neubaubureaus bis zum Juli 1909 ist der k. Hofbauamtmann Neu zu nennen. Selten ist wohl ein Bau mit mehr Liebe und Sorgfalt bis in die kleinsten Details von so vielen berufenen Fachleuten durchgesprochen und beraten worden, wie das Deutsche Museum.
Hocheder, Hildebrand, Schwiening, Stempel und Thiersch gehören dem Bauausschusse an und nach dem bisher Geleisteten steht zu hoffen, daß der neue Bau des Deutschen Museums von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik selbst ein Meisterwerk der Baukunst wird.
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