Alte Quellen

Die St. Michaels-Hofkirche

Quelle Nagler - Acht Tage in München (109)
Jahr 1863
Straße Neuhauser Straße 23

Die St. Michaels-Hofkirche, und das daran stossende Collegium der Jesuiten, sind das Werk des Herzogs Wilhelm V., welcher in der Kirche dem hl. Ignaz von Loyola den ersten Altar errichten ließ. Im Jahre 1583 wurde der Grundstein zur Kirche gelegt, und sie war 1390 schon fast vollendet, als am 4. Mai desselben Jahres der Thurm einstürzte. Letzterer schloß sich ursprünglich an das Schiff der Kirche, und an der Stelle desselben breitet  sich jetzt der Chor aus. Die nun erweiterte Kirche wurde 1397 mit nie gesehener Pracht eingeweiht, und 1898 stand auch das Collegium volendet da. Das Schiff der 284' lan- gen Kirche ist mit einem künstlichen Tonnengewölbe von 114' Spannung versehen, und es bildete sich die Sage aus, daß man die Haltbarkeit desselben durch das Abfeuern von Kanonen erproben wollte, was den Baumeister in eine solche Angst versetzt haben sollte, daß er sich heimlich auf und davon machte. Als Baumeister und als schöpferischen Künstler nimmt man gewöhnlich den Wolfgang Müller aus München. Er war aber nur der Werkmeister mit Taglohn, der nach dem Einstürze des Thurmes wegen Fahrläßigkeit in das Gefängnis; gesetzt, und dann vom Bau entfernt wurde. Den Plan fertigte der herzogliche Baumeister Wendel Dietrich, welcher ebenfalls in Ungnade fiel. Friedrich Sustris, der Ober- hofmaler, lieferte die Zeichnung zum neuen Chore. In der Geschichte von München S. 71 haben wir über den Jesuitenbau ausführlich gehandelt.

An der stockwerkartig aufgebauten Fayade find in Nischen Statuen aus weißem Steine, welche von Hubert Gerhard und Carlo Pallagio nach Zeichnungen von Peter Weinher und Friedrich Sustris modellirt wurden. Die obersten Statuen sollen die römische Periode in Bayern versinnbildlichen. Dann folgen die ersten heidnischen Fürsten des Landes, und Karl der Große. In den weitern Reihen erscheinen Otto von Wittelsbach, Ludwig der Bayer in treuem Abbilde, Ludwig der Brandenburger, der römische König Ruprecht als Pfalzgraf bei Rhein, Christoph III., Pfalzgraf und König von Dänemark, Kaiser Maximilian I., Albert der Weise von Bayern, Kaiser Karl V., Kaiser Ferdinand, Albert der Katholische im Ordenskleide und Wilhelm V. mit dem Kirchenmodelle. Die Bildhauer Adam Krümper, Heinrich Felser, Andreas Weinhart, Andreas Weinbarth, Heinrich Refelder u. A. haben diese Statuen in Stein ausgefiihrt. Die zwischen den unteren Bilderreihen angebrachten Inschriften lauten: 

IN MEMOKIAM D. MICHELIS ARCHANGELI DEDICARI CURAVIT GUILIELM. COM. PALAT. RHE. VTR. BAV. DUX PATE. ET FUNDATOR.

 Oben zwischen den Eingängen der Kirche ist die kolossale Statue des Erzengels Michael mit dem Dämon zu seinen Füßen. Sie wurde von dem Niederländer und Hofstatuar Hubert Gerhard modellirt und von Carlo Pallagio in Erz gegossen. Auch im Inneren der Kirche sind Werke von diesen Künstlern. Sie modellirten alle Statuen in Gyps in den Nischen der Wand. Unten am Aufgange zum Chore stand früher ein großes Cruzifix mit Maria, Johanne« und Magdalena; Christus am Kreuze mit Magdalena ist jetzt rechts vorn im Seitenschiffe aufgestellt. Die Figuren modellirte Hubert Gerhard, und Carl Pallagio (auch Pallago und Pellago) besorgte den Erzguß. Von diesen Künstlern sind auch die Modelle und der Guß der vier großen Leuchter, und von zwölf kleinen Engeln. Auch eine in Erz gegossene Statue des hl. Benno war vorhanden.

Das Gemälde des Engelsturzes auf dem Hochaltäre ist von Christoph Schwarz. Es erscheint zu klein, da es für den ersten Altar vor dem Einsturz des Thurmes bestimmt war. Auch die vorderen Seitenaltarbilder gegen die Wand sind von Ch. Schwarz gemalt. Die Altäre gegen den Chor sind den Heiligen Ignaz von Loyola und Franciscus Taverius geweiht. Man benützte dazu Originalportraite, und somit handelt es sich um Bildnißfiguren. Das Altargemalde mit St. Ignaz ist von P. Candito, jenes mit Franciscus angeblich von Ulrich Loth. Die Gemälde in den Seitenkapellen sind von verschiedenen Künstlern. Der englische Gruß und die hl. Ursula sind das Werk des P. Candito, die Marter des hl. Sebastian und das Bild der hl. Magdalena jenes des Hans von Achen. Als Hauptwerk des Letzteren gilt aber das Altargemälde mit Christus am Kreuze und Maria und Johannes in der 1897 eingeweihten hl. Kreuzkapelle, dem Ora- torium des Herzogs Wilhelm V. und seiner Gemahlin Renata. Dann finden wir hier auch Gemälde von einem Maler Antonius Maria, angeblich aus Florenz. Er malte das Altarbild mit dem Namen Jesu, und dem Opfer des alten Bundes darunter. Die knieenden Figuren sind Bildnisse von damals lebenden Monarchen. Auch das Opfer des neuen Bundes mit der hl. Dreieinigkeit, und das Altarblatt mit St. Peter und St. Paulus ist von diesem Antonius Maria, nämlich dem Antonio Maria Viviani, welcher mit Friedrich Sustris einige Zeit bayerischer Hofmaler war. Ein kostbares Werk der Gothik ist der Reliquienschrein der hl. Cosmas und Damian in einer Seitenkapelle rechts vorn. Dieses Reliquarium war in Bremen der Verehrung ausgestellt, im Jahre 1648 brachte es aber Maximilian I. käuflich an sich. Der Schrein ist von Silber und mit Igroßen Ungeschliffenen Edel- steinen verziert. Die inneren Seiten der Flügel enthalten Ge- mälde auf Goldgrund von vorzüglicher Schönheit. Nach der von Lappenberg edirten Bremer Chronik fertigte der Baumeister Johannes Hemling 1400 dieses Werk.

Die Glasmalereien der Fenster der Hauptfaxade sind von Hans und Georg Hebenstreit nach den Cartons von Friedrich Sustris ausgeführt.

Links vorn im Querschiffe befindet sich ein Werk Thorwaldsen's, das Denkmal des Herzogs Eugen von Leuchtenberg von 1824. Der Herzog erscheint als Heros mit der Toga in voller Portraitähnlichkeit. Clio und der Genius des Todes begleiten ihn. Diese Figuren sind von Tenerani gemeißelt.

Die Orgel der Kirche hat Urban Heußler 1895 gefertiget. Abt Vogler schuf sie nach seinem Simplifications-System um, und im Oktober 1812 war der Umbau vollendet. Auf dem Chore ist auch noch ein Rest der Orgel aus der Altenhof-Kirche, welche beim Bau der Heußler'schen Orgel destruirt wurde. Auf dieser hatte Orlando die Lasso gespielt. Der auf dem Chore vorhandene Engel von Bronze war eine St. Cacilia und Zuthat der Orgel. Man hatte ihr Flügel angesetzt. Es ist dieß ein Werk von Hubert Gerhard und Carlo Pallagio.

Unter dem Chore der Kirche befindet sich die Fürstengruft. Im Ganzen sind 22 Särge vorhanden, und darunter jene aus der Gruft in Heidelberg. Die meisten sind prächtig zu nennen, besonders der des Herzogs von Leuchtenberg. Im Jahre 1602 wurde Renata von Lothringen, die Gemahlin Wilhelm V., beigesetzt. Letzterer folgte 1626 nach. Auch der große Churfürst Maximilian I. fand 1651 da seine Ruhestätte.


 Bauwerke in München
St. Michae
Wilhelm V. Herzog von Bayern

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