Alte Quellen

Zoologischer Garten (Tierpark) in Hellabrunn

Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (356)
Jahr 1914

Zoologischer Garten (Tierpark) in Hellabrunn. Was den Fürsten des Mittelalters die Zwinger und Tiergärten waren, das sind dem Volk die Menagerien und „Zoologischen Gärten“ mit ihrer Käfigstadt, in denen die Tiere in Zwangshaft gehalten werden. Den ersten derartigen Zoologischen Garten erhielt in Deutschland 1843 Berlin; ihm folgte 1858 Frankfurt, Köln 1860 u. s. f.

Als dann Hagenbeck für seine Tierschau in Stellingen Schluchten und Wassergräben als Einfriedung einführte und die Tiere gleichsam in paradiesischer Unschuld dem Beschauer darbot, war die Käfighaft für den modernen Tierpark ein überwundener Standpunkt. So läßt man auch in Hellabrunn — der Ortsname leitet sich vom vorüberrauschenden Wasser der Isar her — den Tieren möglichste Bewegungsfreiheit: eine Wohltat nicht nur für die Tiere, sondern ein wertvoller Genuß auch für den Zuschauer. In München war schon eine wichtige Vorbedingung erfüllt durch das verfügbare Gelände zwischen Harlaching und Talkirchen; es lag früher im Ueberschwemmungsgebiet der Isar, wurde aber schon vor Jahrzehnten durch einen Uferdamm geschützt. Auf diesem Gelände entwickelte sich alsbald eine Wildnis im kleinen: üppiger Baum wuchs, stellenweise undurchdringliches Gebüsch, durchsetzt mit grünen Basenflächen und kleinen Wassertümpeln. Südöstlich grenzt der Park an den Steilabhang der Isar, der von alten Buchen besäumt ist. Die hier zutage tretenden Nagelfluhfelsen eigneten sich vortrefflich, mit hereingezogen zu werden. Ein rasch fließender Bach, ein Nebenarm der Isar durchzieht das Gelände nach seiner ganzen Länge und bildet so eine wertvolle Zutat Nun mußten zunächst die Wege so angelegt werden, daß sie die zahlreichen schönen Punkte des Geländes berühren und zugleich die Zugänge zu den Gehegen bilden. Die Gehege selbst eignen sich so aufs beste zur Aufnahme der sogen. Tiergemeinschaften d. h. zum Zusammenleben gleichartiger Tiere, von denen Feindseligkeiten gegeneinander nicht zu erwarten sind.

Die Bauwerke im Tierpark stammen von Em. Seidl. Der Haupteingang, den man kurz nach Ueberschreiten der Talkirchnerbrücke erreicht, wird in der Hauptsache aus 2 Pavillons gebildet; die 2 Torpfeiler sind von farbigen Terrakotten (Nymphenburger Manufaktur) gekrönt. Die Einfriedigungen der Gehege bestehen aus weitmaschigem Drahtgeflecht, an dünnen Eisenpfosten befestigt, so daß das Landschaftsbild nie gestört wird; nur die Gehege für die sehr kräftigen Tiere, wie Büffel und Bison, sind außerdem noch mit einer Holzbarrifere umgeben. Die Unterschlupfhütten der Tiere sind vom Architekten besonders liebevoll behandelt worden und bestehen aus den primitiven Baumaterialien wie Holz, Stroh und Binde; Käfige, prosaische Stallgebäude oder gar exotische Tempelformen finden sich nirgends.

Für die Ziervögel bildet eine streng geometrisch gehaltene Voliere eine angenehme Abwechslung. Die Raubvögel erhielten, um ihnen möglichst große Bewegungsfreiheit auch in den Lüften zu ermöglichen, eine 45 m lang durchs Geäst geführte Volifere mit kaum sichtbarem Gewebe. Mit architektonischen Formen ist nur die Löwen- terrasse ausgezeichnet und zwar durch einige prunklose Säulen, mit Holzstämmen und Geäst bedeckt, auf denen die Löwen, Tiger und Leoparden mit Vorliebe herumklettern.

Der Beschauer steht diesen Tieren vollständig frei gegenüber und ist nur durch einen breiten Wassergraben mit niedriger Brüstung von ihnen getrennt. Das bergige Terrain der Nagelfluhfelsen mit den davorliegenden Wiesen wurde von Seidl zum „Luitpoldgehege“ umgestaltet und durch Terrassen abgeteilt, um—getrennt voneinander — Rehe, Hirsche und Gemsen unterzubringen. Ein Teich in der Ebene ist für die Wasservögel wie Gänse, Kraniche, Störche bestimmt. Diese 3 Gehege — Löwenterrasse, Luitpoldgehege und Teich — bilden trotzdem für das Auge des Beschauers ein zusammenhängendes, reizvolles Ganzes.

Die Lage der eigentlichen Gebäude — Waldrestaurant, Waldschenke und Unterstandshütte — ist ausgesucht schön. Die Wald- restauration macht in ihrer breiten Rundlichkeit und der sehr einfachen Gestaltung, mit der sie dem Walde vorgelagert ist, einen äußerst behäbigen Eindruck. Die Dachlinie der Säulenhalle wird durch einen offenen, pavilionartigen Ausbau unterbrochen; die Wandflächen sind weiß geputzt, die Säulen grün gestrichen; das Dach ist mit Schindeln gedeckt. Das Innere ist im Grundriß oval, an den Wänden mit dunkel gehaltenen Halbsäulen gegliedert und mit sichtbarer Holzkonstruktion eingewölbt [SB 12, 50J.


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