Alte Quellen

Ruhmeshalle auf der Theresienhöhe

Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (306)
Jahr 1914
Straße Theresienhöhe

Ruhmeshalle auf der Theresienhöhe. Ein Lieblingsgedanke König Ludwigs I. in seiner letzten Regierungszeit war die Errichtung der Ruhmeshalle mit der Bavaria, womit er dem engern Vaterland eine ähnliche Verherrlichung bereiten wollte, wie er sie dem weitem durch die Walhalla bei Regensburg und gleichzeitig durch die Befreiungshalle bei Kelheim geschaffen hatte.

Die Anlage besteht demnach aus den 2 Hauptteilen: der eigentlichen Ruhmeshalle für die Büsten der verdienten Männer und dem Erzstandbild der Bavaria, der Allegorie des Bayernlandes, von der Ruhmeshalle umschlossen. Dieser Monumentalbau, im dorischen Stil aus marmorartigem Untersbergkalkstein 1843—53 errichtet, gehört zu den besten Werken Klenzes. Er besitzt eine Länge von 67 m und bildet nach vorn einen Hallengang mit 20 Säulen, während die beiden 30 m weit rechtwinklich vortretenden Flügel in Form einer viersäuligen Tempelfront abschließen. Jede der 48 Säulen ist 7 m hoch und kanneliert. Die Giebelfelder sind mit den liegenden weiblichen Allegorien der 4 Volkerstämme des Landes (Bayern, Pfälzer, Schwaben und Franken) geschmückt. Von den 94 Metopen des Frieses sind 44 mit Siegesgöttinnen und 50 mit Szenen aus der Kulturgeschichte des Landes geziert, die Pflege der Religion, Wissenschaft, Industrie, des Handels, Ackerbaues und der Kunst darstellend.

In der Halle selbst ruhen, wie bei der Walhalla, in mehreren Reihen auf Steinsolen die 80 überlegensgroßen Marmorbüsten von Männern, die — wenn auch nicht Bayern von Geburt — seit dem 15. Jahrh. zur Verherrlichung des in der Bavaria personifizierten Bayerlandes beigetragen haben.

Die Bavaria selbst, zu der eine Freitreppe von 48 Stufen führt, „verdient [nach Seher] den Ruhm einer Art von Weltwunder wenigstens in technischer Beziehung“. An der Rückseite des Marmorpostamentes führt eine Bronzetüre ins Innere; auf 66 Steinstufen gelangt man bis in die Kniehöhe der Gestalt, von da auf einer eisernen Wendeltreppe mit 60 Stufen bis in den Kopf, in welchem Sitzplätze für 5 Personen sind. Das Gesicht mißt in der Länge 1,53 m und der Zeigefinger 92 cm (ein bronzenes Duplikat der beiden Vorderglieder des kleinen Fingers hat Ferd. v. Miller jun. unter andern auch dem k. Studentenverein Ottonia als dreiliterigen Humpen dediziert). Die Inschrift im Kopfe, durch dessen beide Augen man Umschau halten kann im Bayerland bis zur blauen Alpenkette (vom Wendelstein bis zur Benediktinenwand) meldet: „Dieser Koloß, von Ludwig I., König von Bayern errichtet, ist erfunden und modelliert von Schwanthaler und in den Jahren 1844—50 in Erz gegossen und aufgestellt von Ferdinand Miller“. Das Standbild ist als Schutzherrin des Landes gedacht; die jugendliche Frauengestalt hält mit Beziehung auf die Ruhmeshalle als Symbol des Ruhmes in der hoch erhobenen Linken einen Eichenkranz, in der Rechten das kurze, laubum- kränzte Schwert; das in großartigem Faltenwurf fallende Gewand ist von einem zottigen Bärenpelz bedeckt, der von der linken Schulter über die Brust zieht und um die Lenden geschlungen ist; das prächtige Haar wallt in mächtigen Strähnen über den Nacken. An die Bavaria schmiegt sich in sitzender Stellung der Löwe an, zugleich bayerisches Wappentier und Sinnbild von Bayerns Kraft und Adel. Der Guß dieses Erzkolosses gestaltete sich sehr schwierig; denn es mußte zu den einzelnen Gußstücken eine doppelt größere Maße als je vorher auf einmal geschmolzen werden. Der Guß des Löwen mißlang; und Ferdinand Miller, der an Stelle seines Onkels Stiglmayer Inspektor der von König Ludwig I. gegründeten Erzgießerei war, wurde ganz entmutigt und gab seiner großen Besorgnis beim Besuch des Königs Ausdruck. Da nahm der König den Arm des Meisters und überhäufte ihn, während er mit ihm auf- und abging, mit den eindringlichsten Vorstellungen: „Denken Sie an den Koloß von Rhodus, dann an Lysippus, welchem Alexander der Große zum Siegesdenkmal am Granikus 25 Reiterstandbilder nebst 9 kolossalen Statuen auf einmal zu machen übertrug. Das waren auch nur schwache Menschen wie Sie; dafür bleibt dann Ihr Ruhm unsterblich!“ Dadurch ermutigt, begann Miller von neuem, und unter unsäglichen Anstrengungen kam das Werk glücklich Zustande. Zur Hebung des Kopfstückes aus der Gußgrube war in der Ferdinand Millerschen Erzgießerei ein eigenartiges Fest veranstaltet worden, dem sogar der König selbst, stolz auf seinen weltberühmten Münchner Meister, beiwohnte zugleich mit seinem Sohne Otto, dem König von Griechenland, seiner Schwester, der Kaiserin-Witwe Karolina von Oesterreich, seiner Tochter, der Großherzogin Mathilde von Darmstadt, und seiner Gemahlin, der Königin Therese (Wilhelm, Kaulbach verewigte diesen feierlichen Moment in einem seiner Fresken an der Neuen Pinakothek [vgl. unsere bezügliche Abbildung]). Der Meister steckte, wie er selbst erzählte (s. Feldigl, „Ein deutscher Meister“, C. Seyfried-München), als das Stück noch in der Grube ruhte, insgeheim 30 Arbeiter in den Kopf und stellte — um zu beweisen, daß er bei der Hebung das Leben seiner Arbeiter nicht gefährde, seine beiden Söhnchen, Fritz und Ferdinand, zu ihnen hinein. Als der Kopf etwa 1 m über der Oberfläche schwebte, wurde er mit bengalischem Feuer beleuchtet, und seine Insassen brachten auf den König ein schallendes „Hoch“ aus, das sich aber ganz unheimlich anhörte. Neugierig frug der König, wer denn das wäre? „Das sind Leute, die mir bei diesem Guß geholfen haben und im Kopfe stehen“. „So lassen Sie doch dieselben heraus!“ befahl der König belustigt. Ich legte, erzählt Miller weiter, eine Leiter an den in der Luft schwebenden Kopf. Zuerst erschien Fritz, machte seine artige Verbeugung und stieg dann die Leiter herunter; Ferdinand tat ebenso. Die Damen waren entzückt über die zwei mutigen Knaben. Dann kam ein Arbeiter nach dem andern und stellten sich in Reih und Glied auf. Das Staunen des Königs wuchs, so oft ein neuer Mann überraschend auftauchte. Er zählte sie alle und rief immer: „Therese, noch einerl“ Als es aber über 20 ging, nahm er mich beim Arm und sagte mir ins Ohr: „Man merkt gar nichts! Wie machen Sie es denn, daß Sie immer neue Leute in den Kopf, der doch in der Luft schwebt, bringen?“ „Sie waren alle darin!“, sagte ich. „Ah bah!“ machte der König, schüttelte den Kopf und ging wieder in neues Staunen über. „Gesehen! Gesehen! Und doch unglaublich !“ rief er aus und sehr gnädig und vergnügt verließen die hohen Herrschaften die Gießerei. — Die Figur selbst ist aus 1560 Zentnern Metall (von türkischen Kanonen, die nach der Seeschlacht von Navara aus dem Meeresgrund gehoben wurden) gegossen worden. Sie mißt vom Sockel bis zum Scheitel 15,77 m, bis zum obersten Blatt des Kranzes, den ihre Riesenhand zum Himmel hält, aber 18,1 m, und vom Erdboden bis zum Kranzschluß volle 30 m. Wohl übertrifft die Gesamthöhe des Niederwalddenkmals der Germania (übrigens auch von Miller) die Bavaria noch um 5*/2 m; aber die Germania selbst mißt nur 10‘/2 m. Die Ruhmeshalle um die Bavaria wurde erst 1853 vollendet 1). Ludwig I. zahlte 1174000 fl. für das Werk [B 06, HR, JW, Rb].

 

*) Bei deren Einweihung anläßlich des Oktoberfestes auf der Theresienwiese veranstalteten die Zünfte Münchens einen großartigen Umzug mit Festwägen. Der Wagen der Bierbrauer hielt vor dem Königszelt, und König Ludwig tat den Ehrentrunk mit gutem Schluck und der königlichen Anerkennung: „Wer einmal bayerisches Bier getrunken hat, dem schmeckt kein andres mehr!“


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