Zwischen Tatkraft und Verblendung
Der Richard Wagner Verband München in der »Hauptstadt der Bewegung« 1933 bis 1945
»Mit Frauenherzen ist es meiner Kunst immer noch ganz gut gegangen …« - dieses Bekenntnis Richard Wagners ermutigte seine Anhängerinnen, 1909 den Richard Wagner Verband deutscher Frauen zu gründen. Er sollte mit seinen Ortsgruppen die bereits bestehende Stipendienstiftung finanziell unterstützen, um Bedürftigen aller Stände den Besuch der Festspiele in Bayreuth zu ermöglichen. Wie erfüllte die Ortsgruppe München zwischen 1933 und 1945 diesen Auftrag? Beflügelt von dem Willen, in der »Hauptstadt der Bewegung« dem »Bayreuther Geist« zu dienen, schlossen die Verbandsfrauen aus dem Kulturbürgertum eine enge Allianz mit hohen NS-Repräsentanten vor Ort und holten renommierte Referenten und Künstler in ihre Vortrags- und Musikabende. Hier wurde ein völkisch-nationalistisches Wagnerbild zelebriert; die gleichgeschaltete Lokalpresse applaudierte. Vom Regime mit Gunst und Geld bedacht, stieg der Verband rasch zum angesehenen Kulturfaktor der Landeshauptstadt auf. Mit seinen Veranstaltungen unterstützte er nicht nur die Stipendienstiftung, sondern wurde gleichzeitig zum Propagandisten und Multiplikator der NS-Musikpolitik, bis Bombenkrieg und Untergang das Bündnis beendeten. 1953 stellte sich der Ortsverband München neu auf. Die vordergründig von Tatkraft geprägten NS-Jahre des Verbands entpuppen sich im Rückblick als ein durch Verblendung belastetes Jahrzwölft. Das Buch erhellt anhand zum Teil erstmals erschlossener Quellen einen bisher weitgehend unbeachteten Ausschnitt des Münchener Musiklebens.
- Vorbemerkung
- Entwicklungslinien bis 1933
2.1 Der Richard Wagner Verband Deutscher Frauen (e.V.) und die Münchener Ortsgruppe
2.2 Elisabeth Wölfels Weg zur Ortsvorsitzenden
- Wiederaufbau der Münchener Ortsgruppe 1933/34
- Grundzüge des Verbandslebens
4.1 Satzungsbestimmungen
4.2 Mitglieder ar beit
4.3 Mitgliederentwicklung
4.4 Finanzen
- Die Arbeit der Ortsgruppe bis 1939
5.1 Die erste Veranstaltungsrunde 1934
5.2 Veranstaltungen der Folgejahre bis 1939
»Mitgliederabende« im Präsidentenpalais
Weiterarbeit am Bayreuther Gedanken
Engagement im Doppeldienst
Gedenken für »Alt-Bayreuth«
Gemeinschafts-Lesestunden
5.3 Im Zenit: die Reichstagung im Mai 1938
5.4 Gerangel hinter den Kulissen
Der Rathaussaalkonflikt
Fliegender Holländer oder Holledauer Schimmel?
5.5 Glückloses Glück - kein Gedenken für Siegfried Wagner
5.6 Resonanz in den lokalen Feuilletons
- Topografie der Münchener Wagnerpflege
- Das Aufgabenfeld Stipendienstiftung
7.1 Wagner für alle »Volksgenossen«?
7.2 Die Bearbeitung der Stipendienanträge
7.3 Streit um die Stiftungsführung.
- Zwänge in Kriegszeiten 1939-1945
8.1 Kulturarbeit als Balanceakt
»Liebeswerk« für die Wehrmacht
Festhalten am Gewohnten?
Erosionen und Einschnitte
Rückzug der Stadt
Reduzierte Verbandswerbung
Sparjubiläum »60 Jahre Parsifal«
Todesfälle
8.2 Reaktionen auf die verschärfte Kriegslage
Kriegsrhetorik und verstärkte Kulturarbeit
»Ungunst der Verhältnisse«
8.3 Durchhaltesyndrom im Endstadium
Letzter Schulterschluss mit einem NS-Repräsentanten
Jubiläumsfeier ohne Perspektive
Stillstand der Verbandsarbeit
- Die Vorsitzende Elisabeth Wölfel ab 1933/34
9.1 Zugewinne und Einbußen im Privaten
9.2 Erfolge und Rückschläge im »Dienst der guten Sache«
9.3 Die Vorsitzende und >ihr< Ortsverband Aufbau und Ende einer symbiotischen Beziehung
- Resümee: eine Erfolgsgeschichte?
10.1 Der rasche Aufstieg im passenden Umfeld
10.2 Erfolgsgarantie: der Pakt mit dem NS-System
Völkisch-nationalistische Musikpflege
Braune Flecken im topografischen Design
Stillschweigen zu antisemitisch motiviertem Unrecht
Verrat am Wagnerdirigenten Hermann Levi
Gegenseitige >Gefolgschaftstreue< mit fatalen Folgen
10.3 Schadens- statt Erfolgsbilanz: Das verdorbene Jahrzwölft
- Anhang
11.1 Quellenverzeichnis
Archive
Gedruckte Quellen
11.2 Literaturverzeichnis
11.3 Abbildungsnachweis
11.4 Personenregister