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Münchener Stadtbuch

XLVI. Münchener Sagen

1. Der große Christoph am Eiermarkt.

Dieses große Bild ist aber keineswegs das des heil. Christoph, sondern das des heil. Onuphrius.

Die Legende erzahlt Folgendes von ihm:

Es war einmal in uralten Zeiten ein König in Persien, dessen Gemahlin in gesegneten Umständen sich befand.

Da ergriff den König falsche Eifersucht; er hielt seine Gemahlin für untreu, und das zu erwartende Kindlein für das eines Buhlen. Er befahl daher, das Kindlein, sowie es zur Welt käme, sogleich in's Feuer zu werfen. Es geschah auch; aber sowie das Knäblein das Feuer berührte, erlosch dieses und also ward die Treue der Königin offenbar. Auf Befehl Gottes, durch einen Engel ihm geoffenbart, überbringt der König sein Söhnlein, das Onuphrius genannt wurde, nach Aegyptenlemd in das Kloster Hereti unweit Hermopolis, in welchem hundert Mönche in gottseliger Einhelligkeit lebten. Hier ließ der König sein Söhnlein zurück, wo es in großer Tugend und Frömmigkeit aufwuchs. Aber vom Geiste Gottes getrieben, verließ Onuphrius das Kloster, und begab sich ganz allein in eine wilde Wüstenei, um dort als Einsiedler zu leben. Sechzig Jahre brachte er hier im Gebete und frommer Betrachtung zu, ohne einen andern Menschen zu sehen. Hier lebte er von den Wurzeln des Waldes und von Quellwasser; weder die glühenden Strahlen der Sonne, noch die rauhen Nachtfröste schadeten ihm; seine Kopfhaare und Bart wuchsen ihm in solcher Menge und Fülle, daß sie ihm bis auf die Füße niederwallten und seinen Leib wie ein Kleid bedeckten. Da geschah es, daß der heilige Paphnutius vom Geiste in eben diese Wüste geführt wurde; dem begegnete ein Mensch von riesiger Größe, mehr einem

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