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München in guter alter Zeit

Dreizehntes Kapitel - Handel und Wandel. Kunst und Gewerbe

 Dahin gehört das nach dem Zeugnisse von Zeitgenossen höchst ungeeigntet Benehemen der Unteroffiziere und Soldaten auf den Thorwachen gegen die zur Stadt fahrenden Landsleute nicht nur, sondern auch gegen die hiesigen Einwohner. Es wurden eine Anzahl von Klagen darüber laut, daß sie sich nicht mit Schimpfworten begbügten, sondern auch auf Menschen und Vieh losschlugen, wenn ihnen gegen das Herkommen die Abgabe von Scheitern Brennholz, Krautköpfen und dergleichen für den Markt bestimmten Producten verweigert wurden. Dasselbe Herkommen machten die Thorschreiber für sich geltend, und erst Rumford schaffte diesen heutzutage unbegreiflichen Mißbrauch ab durch eine unterm 3. Februar 1798 erlassene Verfügung, welche darauf hinweist, wie ungerecht ein solches Herkommen sei, und wie es die Producenten zur Preissteigerung reize.

Von der Münchener Kunst aus der ältesten Zeit der Stadt wissen wir gar wenig und das Wenige ist nicht von sonderlichen Belang: von Werken der romanischen Kunstperiode ist so viel wie nichts zu verzeichnen und auch aus der Zeit der Gothik finden wir kein Bauwerk im reichgegliederten Prachtstiyl der Blüthezeit. Von bedeutenderen plastischen Werken ist nichts auf uns gekommen, was ins XIII. oder XIV. Jahrhundert zurückreichte, den schon erwähnten Schrenkischen Altar in der Peterskirche ausgenommen. Dagegen wissen wir, daß Plattner und Geschmeidemacher jener Tage große Kunstfertigkeit in der Herstellung von Schutz- und Trutzwaffen besaßen, wie denn Kaiser Ludwig einen Brustharnisch trug, der von blau angelaufenem Stahl und mit dem von einem Strahlenkranze umgebenen Bildniß der Maria mit dem Jesukinde aus gediegenem Gold geschmückt war.

Dagegen sehen wir München um die Mitte des XV. Jahrhunderts als Mittelpunkt bayerischer Kunstthätigkeit. Von der Tüchtigkeit der Meister jener Zeit geben des Kaiser Ludwigs Hochgrab in der Frauenkirche, von Meister Hans, des Erasmus Graßer Narren im alten Rathhaus-Saal u. s. w. glänzendes Zeugniß.

Die Maler waren damals zünftig, und so heißt es in den Satzungen derselben vom Jahre 1458: es solle keiner als Maler angehen „Er mach dan vor sein meisterstück nach dez Handwerkhs haissn auf maln. Ein Maler soll machn ein Mariapild, das die veldung geplanyrt sei von seinem gold und darin gepuntziret.“ Aehnliches galt für Schnitzer und Glasmaler.

Die ältesten Werke der Malerei, die sich in München bis auf unsere Zeit erhalten haben, sind Glasgenälde aus dem Leben Christi und Maria in Medaillenform mit der Jahreszahl 1395, welche sich in den Fenstern der Frauenkirche befinden. Leider ist der Name ihres Meisters unbekannt. Einige Zeit später lebte der Meister des berühmten Altarwerks derselben Kirche vom Jahre 1437. Um dieselbe Zeit waren auch die Glasmaler Hans Gleismüller und Konrad Sachs viel beschäftigte Künstler. Einer etwas späteren gehören und zwar wieder als Zeitgenossen an: Gabriel Mächselkirchner, Ulrich Fueterer, Hans Olmdorfer und Egydius Trautenwolf, von denen der letzte als tüchtiger Glasmaler bekannt ist und für die jetzige Frauenkirche sechs schöne Fenster malte.

Und ist auch das alte Chorgestühl in der Frauenkirche mit seinem vielen Heiligengestalten ernst und nüchtern genug, so besitzen wir doch Kunde, daß man damals in den Häusern der Münchner Bürger gar schöne und lustbare Schnitzarbeit und künstlerisches Tafelwerk besaß und die Bürger, ihre Frauen, Söhne und Töchter sich in prächtigen mit Silber und Gold und Perlen geschmückten Kleidern gar stattlich bewegten. Und den Gold- und Silberschmuck aber brauchten sie damals so wenig als heute von außen zu beziehen, denn an geschickten Goldschmieden, voran die Tulpecke, Seefelder, Zeisinger und Donauer, war kein Mangel.

Dann kam die Zeit der Renaissance, zugleich die der weitgehenden Kunstpflege durch Albrecht V., Wilhelm V. und Maximilian I. Da schieden die Künstler, eine Kunst annehmend, die dem Volk fremd war, selber aus dem Volke. Aber zugleich wuchs ihre Zahl: in München lebten damals mehr denn sechzig Bildhauer, darunter die Meister in Erzguß: Hubert Gerhard und der Weilheimer Hans Krumpper oder Krumpter, der Hofbildhauer Chrisoph Angermaier, ebenfalls

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