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München in guter alter Zeit

Sechstes Kapitel - Auf dem Marktplatz

Das Haus mit den drei Kronen aber kommt schon 1449 als das „Kröndl“ vor und ist im Grundbuch von 1572 als „die Cron“ vorgetragen. Da die Form der Kronen mit jener der schwedischen Königskrone übereinstimmt, so gab es zur Sage  Anlaß, der König Gustav Adolf habe dieses Haus während seines zweiten Aufenthalts in München bewohnt. Das ist aber nicht richtig, das Haus, in welchem er damals Quartier nahm, ist wohl auch am Marienplatz gelegen, aber dermal dem Nummer 5 bezeichnet und Eihenthum des Kaufmanns Herrn Eugen Richter.

In alter Zeit ruhten alle Häuser auf dem Marktplatze auf bögen, die meist zu Kramläden verwendet waren, wie es an der Südseite noch jetzt der Fall ist, weshalb auch die Häuser an dieser Seite zu den „Krämern“ hießen. Die von der Kaufingerstraße bis zum Rindermarkt waren die „oberen“, die von dort bis zum Rathhaus, von dem noch des Näheren die Rede sein wird, die „unteren“ Krämer, wohl auch „unter den Watmangern.“ (Wat ist so viel als Tuch.) Doch datiert diese Bezeichnung erst aus späterer Zeit, als die Tuch- und Lodenhändler daselbst ihre Niederlagen und Verkaufsläden hatten. Aus demselben Grunde hieß der anstoßende Rindermarkt vormals die Watmangergasse.

Wenn unser München schon im XIV. Jahrhundert als eine schöne Stadt galt, so verdankte es das nicht zum geringsten Theile seinem Marktplatze, wie er durch Kaiser Ludwig umgestaltet worden. Als der nämlich 1315 auf dem Hauptplatz die Marktfreiheit übertrug, ließ er nicht allein, wie wir gesehen haben, die dort stehenden Gebäude beseitigen, sondern verbot auch zugleich daselbst neue zu errichten, „das der Markt dest lustsamer und dest schöner und dest gemachsamer sey Herren, Burgern, Gästen und allen Läeuten.“

Auf dem Markte wurden Gedreide, Fleisch und andere Lebensmittel, desgleichen auch Vieh und Pferde verkauft und zahlte man im XIII. Jahrhundert für ein Schäffel Waizen 80-90 Pfennige, für ein Schäffel Korn 60 Pfennige, für ein Pfund besten Ochsenfleisches 1 Pfenning, für ein Pfund Kalbfleisch 4 Pfennige, für zehn Eier 1 Pfenning, für ein Pfund Schmalz 2 1/2 Pfenning und für eine Semmel 1 Pfennig. Eine halbe Maß bayerischen Weines kostete 1 Pfennig, eine halbe Maß vom besten italienischen Wein 2 1/2 Pfennig, eine Maß Bier 1 Heller.

 Der Marktplatz war Jahrhunderte hindurch Sonntags nach dem Gottesdienste der Sammelplatz der Bürger und Gesellen, und hier fanden die Festzüge und Feierlichkeiten der Zünfte, die Vorstellungen herumziehender Gaukler und Volksbelustigungen aller Art, wie Turniere des Adels, aber auch Gottesgerichts-Kämpfe statt. Gewöhnlich machte dem Kampf erst der Tod des einen Kämpfers ein Ende. Noch trauriger als dieser war aber das Schicksal dessen, der verwundet den Sieger um Gnade anflehte: Er wurde ehr- und rechtlos, durfte weder ritterliche Rüstung noch Waffen tragen, kein Pferd mehr besteigen und sich den Bart nicht mehr scheeren. War der Kampf beendigt, so sprachen die Richter dem Ueberlebenden das Urtheil. War der Beklagte, so erfolgte die Freisprechnung; hatte der Kläger gesiegt und der Beklagte lebte noch, so wurde er zur gesetzlichen Strafe verurtheilt.

Ein solcher Kampf fand am 5. Februar 1370 auf dem Marktplatz in München statt. Ein schwäbischer Ritter, Theobald Giß von Gißenberg, hatte den Ritter Seits von Altheim angeklagt, erhabe während einer Fehde des Herzogs Stefan mit der Hafte sich der Räuberei schuldig gemacht. Der Seits behautete seine Unschuld und erhob dieselbe Anklage gegen den Giß. Da beide bei ihren Behauptungen beharrten, wurde ihnen auf Ansuchen der Kampf erlaubt und sie stritten ihn auch am genannten Tage aus, wobei sie zu Pferde, in leineren Kleidern, mit bloßen Haupte, einem den Daumen schützenden Handschuh, hölzernen Schilden und mit Lanze, Schwert und Dolch bewehrt erschienen. Dem Altheimer trug ein Gumpenberg, dem Gißenberger ein Pappenheim die Lanze vor. Nachdem den Kämpfern die Johannesminne, ein Trunk geweihten Weines, gereicht worden, rannten sie auf einander los, konnten sich aber eine halbe Stunde lang nichts anhaben. Darauf setzten sie den Kampf zu Fuß fort. Da — sagt eine handschriftliche Augsburger Chronik — lag Seits von Altheim ob „und  stach den Gißen durch den Bauch bei dem Nabel, daß er von Stund an starb.“ Die Richter, die dem Kampf auf einem Gerüste unmittelbar an

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