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So lang der alte Peter …

Geschichtliches und Sagenhaftes vom Münchner Dom

Die Erbauer

Seitlich der Grabstätte ist auf einem gerahmten Bild-Täslein das ehrwürdige Antlitz Meister Jörgs zu schauen, mit einer Unterschrift, ähnlich der des Grabsteins. Ein gleiches Gemälde gegenüber zeigt den wackeren Zimmermeifter, „der in dieser weltberühmten basilica sein Meisterstück dargethan in dem kunstreichen Oberzimmer oder Dach, zu welchem 1400 Flöß, jeder von 15—16 Bäum verwendet worden, nebst Hinterlaffung eines zugerichten an ein sicheres orth gehörigen drams oder Balkens, da doch keiner abgehet." Damit soll es sich also verhalten. Nachdem der Meister das Gerüst vollendet und aufgerichtet hatte, nahm er einen Balken heraus und legte denselben auf den Boden hin: Nun solle Einer kommen und ihm sagen, wo dieser Balken fehle oder füglich hingehöre." Auf dem Boden des Dachgerüstes der Kirche ist der Balken annoch zu sehen.

Haben sich ihrer schon Etliche mit dem ledigen Balken gemüht, aber nicht herausgefunden, wo derselbige abgeht. —

Am südlichen Kirchtor, wo die große Sonnenuhr ist, hat Herzog Sigmund seinen eigenen Denkstein setzen lasten. Auf dem Stein ist er kniend vor der Himmelskönigin zu sehen, und ein Spruchband, das sein Haupt umgibt, zeigt die Worte: „Jungfrau, Mutter Christi, erbarme dich meiner!" Die Inschrift unter dem Bilde, lateinisch wie die Schrift des Spruchbandes, preist die Tugenden des Herzogs und die hohe Frömmigkeit, aus der heraus er, einem Gelübde gemäß, den ersten Stein des Tempels der heiligen Jungfrau gelegt habe. —

Die beiden Türme der LiebFrauenkirche, beim Tode ihrer Erbauer nur mit einem Notdach gedeckt, haben wahrscheinlich erst nach 1524 ihre heutige Gestalt erhallen, indem die „welschen Hauben" ihnen aufgesetzt wurden, die zum ursprünglichen Stil freilich nicht paffen und die doch Keiner mehr misten möchte. Seine „lieben zwei Spargel" hat Kurfürst Max III. Joseph sie genannt, sogar als „Maßkrüg" hat gelegentlich der Volkswitz sie bezeichnet. Aber wer München kennt und liebt, dem schlägt das Herz hoch, wenn er von irgendwoher kommend am Horizont das Wahrzeichen der Stadt erblickt: die Frauentürm.

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