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München und seine Bauten

Gasanstalt

15. Gasanstalt
Direktor Hans Ries und Baurat R. Rehlen

Die Gasanstalt wurde in München im Jahre 1850 durch eine Aktiengesellschaft, die „Gasbeleuchtungsgesellschaft in München" ins Leben gerufen. Das erste Gaswerk wurde von ihr an der Thalkirchnerstraße errichtet und bis zum Jahre 1878, soweit als der verfügbare Platz es erlaubte, ausgebaut. Seine höchste Jahresleistung betrug zu dieser Zeit 9 Millionen cbm. Nachdem die Leistungsfähigkeit dieser Fabrik nicht mehr gesteigert werden konnte, erfolgte der Bau eines zweiten größeren Gaswerkes im Osten der Stadt am Kirchstein. Im Jahre 1881/83 wurde hier das erste Fabriksystem für 20000 cbm Tagesleistung errichtet. Im Jahre 1885/86 und in den Jahren 1890/93 erweiterte die Aktiengesellschaft das Gaswerk um je ein weiteres System mit derselben Tagesleistung von je 20000 cbm. Am 1. November 1899 war der zwischen der Stadtgemeinde und der Gasgesellschaft abgeschlosseneVertrag abgelaufen und die gesamten von letzterer bis dahin ausgeführten Anlagen und Einrichtungen gingen in den Besitz der Stadtgemeinde über. Nach Uebergang der Anstalten an die Stadtgemeinde wurde in den Jahren 1900/06 von dieser ein viertes Fabriksystem mit einer Tagesleistung von 32000 cbm errichtet, ein alter Block Retortenöfen durch Münchener Kammeröfen ersetzt und damit das Werk auf seine heutige Tagesleistung von zirka 100000 cbm Steinkohlengas gebracht.

Nachdem das ganze Fabrikgebiet der ersten Anstalt an der Thalkirchnerstratze im Laufe der baulichen Entwicklung der Stadt vollständig von Wohnquartieren umschlossen worden war und die Lage der Betriebsstätte neuzeitlichen Forderungen gegenüber sich als unwirtschaftlich erwies, mußte das Gaswerk an der Thalkirchnerstraße nach und nach in seinem Betrieb reduziert werden und wurde am 1. Juni 1909 aufgelassen. Die Stadtgemeinde errichtete ein vollständig neues Ersatzwerk nach den Plänen des Direktors H. R i e s in den Jahren 1906/09 an der äußeren Dachauerstraße.

Dieses Werk ist in zwei voneinander völlig getrennten Hauptsystemen von je 150000 cbm Tagesleistung angelegt. Zur Ermöglichung eines dem jeweiligen Bedarf sich anpassenden Ausbaues ist bei den Kohlenmagazinen und Ofenanlagen jedes Hauptsystem wieder in zwei Untersysteme von je 75000 cbm Tagesleistung aufgelöst. In gleicher Weise sind die Reiniger- und die Gasmesser-Anlagen geteilt, während für die Apparatenanlage (Vorkühlung, Gassauger, Teerscheider, Cyan- und Ammoniakwäscher) zwei Haupt-

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