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Die Baukunst Alt-Münchens

I. Abschnitt: Das Bauwesens Alt-Münchens von der Städtegründung bis Ende des 16. Jahrhunderts

a) Baustoffe und Bauformen

4. Häusergruppe Ecke Schmid- und Raspstraße

Schilderung einen Anhaltspunkt dafür bieten, in welch umfangreichen Maße Holz verwendet wurde und wie lange Zeit sich solches als Baumaterial in der Hauptstadt zu behaupten wußte.

Wenn auch starke und zahlreiche Feuersbrünste in München energische Maßregeln gegen das Bauen mit Holz notwendig machten, und die ersten baupolizeilichen Verordnungen sich hieraus entwickelten und zur Verhütung der Feuersgefahr erlassen werden, 7) so scheint doch das Bauen mit Holz, wenn auch nur für einzelne Teile des Hauses schwer zu verhindern gewesen zu sein, wenigstens weisen die immer wiederkehrenden Vorschriften in den verschiedenen Bauordnungen darauf hin. Holz wurde, wie überall in Deutschland nur langsam durch den Stein verdrängt, sogar ein Kriegsbau; denn ganz Deutschland war reich an Wäldern; die gemütliche, malerische Erscheinung scheint den Alten die Holzbauten lieb gemacht zu haben. Freilich waren wohl die höheren Ausgaben für Steinbauten die Hauptursache, die Holzbauten möglichst lange beizubehalten.

Auf keinen Fall ist in irgend einer der Bau- oder Kundschaftsordnungen etwas Genaues darüber zu finden, ob die Altanen auch in den Höfen verboten waren; auch hier dienten Sie ja hauptsächlich als Wohnungszugänge und zur Verbindung der verschiedenen Räume untereinander, also als Gänge. Die Vorschriften Artikel 6 der Bau- und Kundschaftsordnungen vom Jahre 1489 können uns vielleicht einen Fingerzeig zur Lösung dieser Frage geben; sie befasste sich mit der Bestimmung der Entfernung der Altanen von den anstoßenden Nachbarhäusern und mit der Hochführung der Mauern an der Nachbargrenze; es könnte damit der Ausbau der Höfe gemeint sein, aber genau ist dies nicht festzustellen. Wenn auch damals viele Galerien in den Höfen gemauert waren, so ist doch anzunehmen, daß bei gewöhnlichen Bauten die Mehrzahl der Höfe mit hölzernen Galerien versehen war; denn sie haben sich in einzelnen Fällen durch Jahrhunderte durch bis heute erhalten, wie alte Häuser im Tal, am Rindermarkt usw. zeigen.

Ähnlich ist es mit der Schindelbedeckung: sie wurde bedinungsweise trotz der Feuergefährlichkeit immer wieder zugelassen, trotzdem die Verbote hiefür fast in allen Bauordnungen wiederkehren.

Eine Bemerkung Lipowskys in der von ihm mitgeteilten Feuerordnung 8) erscheint mir besonders wichtig: der mag sie doch den Schlüssel zu geben zu der viel umstrittenen Frage, ob die mit hohen Mauern umbauten versenkten Dächer (wie wir sie besonders in den Innstädten auch in Salzburg usw. finden), ihre Bauart architektonischen Gründen (um das Haus stattlicher erscheinen zu lassen), oder lediglich Zweckmäßigkeitsgründen (um das Haus feuersicherer zu machen), zu verdanken haben.

Wir lesen nämlich öfters, daß der kaiserlichen Verordnungen vom Jahre 1342, wonach die Häuser mit Ziegeln zu decken seien, nicht immer Folge geleistet wurde; es kommen also, weil in der holzreichen Gegend billiger, zweifellos immer noch Schindelbedeckungen vor, auch sollte das Ausbessern von Schindlerdächern nicht verwehrt sein. Lipowskys schreibt nun: „ In erster Hinsicht wurde beliebt, die Häuser mit Ziegelsteinen zu decken; die aber dieses nicht vermag, soll sein Schindeldach mit einer Feuermauer umgeben.“ Aus dieser Verordnung stammen die ringsum, als auch vorwärts und rückwärts, mit hohen Mauern umgebenen Häuser; sie waren auf jeden Fall das wirksamste Mittel, um das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Wir finden auch tatsächlich auf all den Häusern, die eine rings um das Haus herumführende Feuermauer besitzen,


8) Uhr Geschichten von München, a. a. D. 2. Teil, § 4 u. § 30.

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