Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Straße | Hermann-Levi-Straße |
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Signatur | DE-1992-STRA-40-68a |
Archivalie | Straßenbenennungen |
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(Mit4 Anlagen)
Die Münchner Strassennamen wurden vom Stadtarchiv daraufhin geprüft, ob ausser den bereits umbenannten, vordem jüdischen Strassenbezeichnungen noch weitere jüdische Strassennamen vorhanden seien. Das Ergebnis dieser Überprüfung liegt bei.
Darüber hinaus besteht freilich immer noch die Möglichkeit, dass bei eingehenderer Forschung noch der eine oder andere Namensträger als jüdisch versippt sich feststellen liesse. Bei der grossen Zahl der Münchner Strassennamen und der Schwierigkeit derartiger Forschungen lässt sich jedoch das Ende einer solohen Arbeit nicht absehen, sodass sich das Stadtarchiv darauf beschränken musste, die bereits als jüdisch erforschten Namensträger namhaft zu machen. Es ist z.B. bekannt, dass man auch dem Münchner Intendanten und Schauspieler Possart mehrfach jüdische Abkunft nachgesagt hat; es liess sich jedoch ein Beweis hiefür in den uns zur Verfügung stehenden Quellen nicht erbringen. Im Falle Possart müsste, um Klarheit zu schaffen, eine eigene genealogische, nicht auf gedruckten Quellen beruhende Forschung einsetzen. Sie ist bisher unterblieben, kann jedoch, sobald Auftrag ergeht, auoh auf derartige ungeklärte Fälle die Überprüfung auszudehnen, durchgeführt werden.
Am 14.September 1937.
Stadtarchiv:
Hornschuh
Anlage 1
Aus» Richard Wagners Briefe. XIV« An seine Künstler.
Herausgegeben von Erich Kloss 5.Aufl. . Leipzig (19101912. Verlag von Breitkopf & Härtel.
Seite 326/327.
An Hermann Levi.
Telegramm.*)
Kapellmeister Levi, Bamberger Hof, Bamberg.
30. Juni 1861.
Freund, Sie sind auf das ernstlichste ersucht, schnell zu uns zurückzukehren; es ist die Hauptsache schön in sichere Ordnung zu bringen.
Wagner.
An Hermann Levi
Lieber bester Freund!
Alle Ihre Empfindungen in Ehren, so machen Sie doch sich und uns nichts leicht ! Gerade daß Sie so düster in sich blicken ist es, was im Verkehr mit Ihnen etwa beklemmen könnte! Wir sind ganz einstimmig, aller Welt diese Sch ... zu erzählen, und dazu gehört, daß Sie nicht von uns fortlaufen, und folgende Unsinn vermuthen lassen. Um Gottes willen, kehren Sie sogleich um und lernen Sie uns endlich ordentlich kennen! Verlieren Sie nichts von Ihrem Glauben, aber gewinnen Sie auch einen starken Muth dazu!
Vielleicht - giebt's eine große Wendung für Ihr Leben - für alle Fälle aber - sind Sie mein Parsifal-Dirigent!
Nun, herauf! herauf!
Ihr Richard Wagner
1.Juli 1881.
x) Hermann Levi war als Leiter der Münchner Hofkapelle für die Direktion des Parsival ausersehen. Wagner hatte einen anonymen Brief erhalten des Inhalts, er solle sein Werk (Parsival)" rein erhalten und es nicht von einem Juden dirigiren lassen "* Dieser Brief war dem Kapellmeister Levi vom Meister gezeigt worden, wobei ihm, wie es der Denkungsart Wagners entsprach, versichert worden war," daß auch nicht die leiseste Erinnerung an den Inhalt des Briefes in ihm bleiben werde"• Damit war die Sache für den Meister abgetan. Levi glaubte aber dennoch, wohl um allen Mißverständnissen und Weiterungen aus dem Wege zu gehen, aus Bayreuth bezw. Wahnfried, wo er zu Gast war, abreisen zu müssen. Von Bamberg aus bat er, "ihn der Direktion des Parsival zu entheben Dort erhielt er das Telegramm Wagners, und als er nochmals um Enthebung bat, den nachfolgenden Brief vom 1.Juli, der ihn zur Rückkehr nach Bayreuth veranlagte. (Vgl.Bayr.Bl.24.Jahrgang 1901. I.—III*).
Anlage 2
Aus :
Bayreuther Blätter» Deutsche Zeitschrift in Geists Richard Wagners herausgegeben von Hans von Wolzogen.
(Mittheilungen des Verwaltungsrathes der Bayreuther Bühnen-Festspieie aud des Allgemeinen Richard-Wagner-Vereines.)
Vierandswansigster Jahrgang 1901. Seite 13.
Richard Wagners Briefe an Hermann Levi— Zur Einführung.
Wer mit richtigem Verständniss ein Charakterbild Hermann Levi's entwürfe, würde, glaube ich, einen nicht uninteressanten Beitrag zu der Kenntniss unserer Zeit liefern. Denn Levi war einer jener Menschen, in denen ein Allgemeines scharf individualisirte Gestalt gewinnt, wodurch dann wiederum das betreffende Individuum eine überpersönliche, typische Bedeutung erhält und uns, gleichsam wie mit einem Schlüssel, das Verständniss höchst verwickelter Gesamterscheinungen auf schliesst. Auch vom Genie kann man behaupten — und es ist häufig geschehen —, es gäbe uns eine Synthese des Manigfaltigen, eine Verdichtung zum Einfachen und daher Anschaulichen; doch gilt dies nur unter vielfachen Beschränkungen und Synthese ist etwas gans Anderes als Typus.
Wohl spiegelt sich in dem Lebenswerk eines Platon oder eines Goethe die umgebende Zeit mit eigenthümlicher Leuchtkraft wieder, nicht aber weil diese Männer typisch für ihre Zeitgenossen wären, sondern im Gegentheil, weil sie, ihrem Wesen and Können nach, einer höheren Gattung angehören and nunmehr das Zeitlose, was sie schöpf erlisch formen wollen, mit vollendeter, naiver und objektiver Unumwundenheit aas dem vorliegenden Stoffe gestalten» Weil das Genie nicht seiner Zeit angehört, darum spiegelt es die Zeit so richtig wieder. Das Gagentheil ist bei einem Manne wie Levl der Fall» Kr gehört gans and gar seiner Zeit and seinem Volke an; sein Leben ist ein leidenschaftliches Leben in der Zeit; and indem er das, was er ist, restlos in That umsetzt, lernen wir aas den Thaten dieses Mannes sein Wesen kennen, - nicht sein individuelles Wesen allein aber, sondern das vieler anderer, gleichgearteter Männer, die nicht begabt genug oder energisch genug waren, um in ähnlicher Weise das Unsichtbare ihres Innern deutlich ln das Tageslicht hervortreten za lassen. Die typische Bedeutung ist das Ergebniss einer ungewöhnlichen Begabung und einer noch ungewöhnlicheren Energie.
Wäre Levi lediglich ein sehr tüchtiger Musiker und Kapellmeister gewesen, so würde die nackte Chronik seinen Beziehungen zu Richard Wagner genügen; solcher Kometen gibt es viele im Leben des Meisters; sie leuchten auf, sobald des Himmels Lichtgestirn sie erfasst und in seine Nähe zieht, sie löschen aus, sobald sie von ihm zurüokwelchen» Levi dagegen ist schon an und für sich eine Erscheinung, werth unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Seine Beziehungen zu Wagner und Bayreuth sind nicht passive. Von gar vielen Mitarbeitern wird man sagen müssen, der Meister habe aus ihnen alles gemacht, was er wollte — soweit die eisernen Gränzen der Begabung dies zuliessen; und wenn man dann die selben Leute an anderen Bühnen wirken sah, begriff man, dass sie in Bayreuth ein Übermässiges geleistet hatten, als angezauberte Träger eines höheren Willens. Bei Levi verhielt es sieh anders. Wagner und er standen einander wie zwei völlig geschiedene Erscheinungen gegenüber. Wer es bezweifelt, wird duroh die beifolgenden Briefe eines Besseren belehrt werden. Hier war es vielmehr das Genie, welches sich passiv verhielt, während das seltene und glühend begehrensvolle Talent aus eigener Kraft an ihm sich emporrankte. Und darum erschöpfen die Beziehungen Levi's zu Wagner keineswegs das Interesse, welches uns seine Gestalt einflöset; sie bilden nur einen Höhepunkt in einem Leben, welches ganz und gar dem einen einzigen Streben gewidmet war, sich deutsche Kultur als ein Eigenes, wirklich Besessenes zu assimiliren, ja, in sie aufzugehen, mit ihr zu verschmelzen. Und hatten wir vorhin in Levi 's Begabung und Energie die Eigenschaften erkannt, welche die Bedeutung seiner Persönlichkeit begründen, so berühren wir jetzt dasjenige, was die bewusste Tragik dieses Lebens war. Wer das "Judenthum in der Musik" kannte, wer namentlich "Erkenne dich selbst" so aufgenommen hat, wie diese Schrift aufgenommen werden soll — feierlich, unerbittlich und dennoch thatenfrisch — wird mich verstehen. Das gewaltige geschichtliche Verhängniss, in dessen Schatten wir wandeln, gestaltete sich hier zu einem leidenschaftliehen Kampfe in eines bedeutenden Menschen Busen um.
Es wäre kleinlich und durchaus nicht im Sinne Levi's, wollte man an den Thatsachen seiner Stammeszugehörigkeit stillschweigend vorübergehen; er selber berührte sie häufig; sie lag dem Räthsel - lch glaube, lch darf sagen, dem unlösbaren Räthsel - seines Wesens und seines Lebens zu Grunde, sie war es, welche seinem erfolgreichen Wirken und seinem Wesen, auch bei allem öfter hervorbrechenden Übermuthe, den Stämpel des Tragischem aufdrückte. Und dass sie es that, das gerade beweist, dass wir es hier mit einen Mann von Bedeutung zu than haben, mit einen Mann, den Phrasen nicht sättigten. Die Kluft, welche Sem und Japhet scheidet, reicht gewiss sehr tief in das Verborgene hinunter, doch bleibt sie an manchen Orten unsichtbar und an anderen ist sie ein blosser Riss; es gibt aber eine Stelle im Gemüth und eine andere in Intellekt, wo sie weit offen gähnt.
Es ereignet sich nicht selten, dass reich begabte und ernst beanlagte Juden an diesen Bewusstsein einfach zu Grunde gehen; während die ungeheure Mehrzahl ihrer Volksgenossen sich unter uns unendlich wohl fühlen, Heine und Goethe, Splnosa und Kant, Karpeles und Treitschke in ihrem steppenartigen, für jede Gestaltsunterscheidung unfähigen Bewusstseingatten, gibt es Juden - ich habe mehre solche gekannt und einer von ihnen war einer der liebsten Freunde meiner Jünglingsjahre - welche jene Kluft so schmerzlich empfinden, dass sie an den Leiden hinschmachten; keine Worte und Thaten der Liebe vermögen hier zu trösten und aufzurichten, und während unsere Menschheitsdudelsaokpfeifer ihre endlose Melodie mit auf gepausten Backen weiter leiern, sterben diese amen ehrlichen Menschen dahin. Das sind Juden, wie Josef Rubinstein z.B. Einer gewesen ist. Bei Levi dagegen war des Verhältniss ein ungekehrtes. Nicht etwa als hätte er kein Gemüth besessen. Die Leidenschaftlichkeit seines Wesens habe ich schon betont; er war auch leidenschaftlich gut, hilfreich, werkthätig, generös. lch glaube, Levi gehörte zu jenen Naturen, die in Geben kein Maaas kennen. Und wer, der ihn näher gekannt hat, könnte vergessen, wie es in seinen Auge in gewissen Momenten vor Freude über gelungene Gutthat aufleuohtete? Wer von uns — wenn nur mehr es wüssten! - könnte je vergessen, dass er, fast allein unter allen, des Meisters letztes Vermächtniss, den Stipendienfonds, nie aus den Augen liess und immer wieder - rastlos, eigensinnig, anfeuernd - dafür eintrat, dafür warb, dafür kein Opfer scheute? Wie er ja anoh für die Bayreuther Stylschule stäts ein thätiges Interesse bekundete, wovon die Zuführung des von ihm entdeckten Burgstaller gewiss ein vorzügliches Zeugniss ablegt. Welchen Eifer er in den Verhandlungen mit dem Verwaltungsrathe bei Festspiel-Angelegenheiten an den Tag legte, das wurde mir erst vor Kurzem aus dankbarenrem Sinne mündlich berichtet.- Zu diesen Äusserungen der Werkthätigkeit gehören aber auch die der Begeisterung und des Temperamentes; mit der einen zündete er und mit dem anderen riss er hin; und zwar nicht blos wenn er den Taktstook schwang, nein, auch im Gespräch, in der freundschaftlichen Kontroverse an seinem gastfreien Tische, in dem Bestreben, kritische Abwehr zu brechen. Wie behend konnte der schon kränkliche Mann aufspringen, wenn es galt, diesen und jenen "Dichter” oder einen Band ans unseres Meisters gesammelten Schriften herunterzuholen aus seiner reichen Büchersammlung, und wie warm klang die Stimme, wenn sie die Worte vertrug! Trotz alledem überwog bei Levi entschieden die Intellektuelle Befähigung. Und ganz genau an diesen Punkte fand eine so intime Berührung mit uns Germanen statt, dass wir Ihn zu den Unsrigen zählen durften; zugleich aber gähnte gerade hier die Kluft so weit, dass man von hüben und drüben milt trostlosen Augen sich anblickte.
Das war die herbe Tragik dieses Schicksales; Jeder, der mit dem seltenen Manne in Berührung kam, hat an sich etwas davon erfahren. Wäre Levi eine weniger tief beanlagte Natur gewesen, er wäre bei seiner grossen Begabung sorglos und mit vollen Segeln auf die Oberfläche unserer Civilisation hingesteuert. Levl war aber kein blosser Musiker, er war ein Mann von grosser Bildung, ja, was mehr ist, von weiter Kultur. Gerade der Kulturgedanke war es, der ihn magisch an das Germanenthum heranzog und mit trotziger Leidenschaftlichkeit und Unermüdlichkeit die Aufnahme begehren und erarbeiten hiess. Es gibt wenige Deutsche, die in Goethe so zu Hause sind, wie Hermann Levl es war. Ihm galt es nicht, sich ein Bildungsminimum anzulackiren und glänzend zu erhalten, noch war es jene ekelhafte Goetheprotzerei, aus der einige Juden sich eine Spezialität gemacht haben, nein, es war echte Einsicht in die überragende Grösse dieses Fürsten unter den Germanen, es war anbetende Verehrung, es war hingebende Liebe, es war - vor allem — ein ewiges Sehnen. Ich glaube, wir wären berechtigt su sagen: der Blick hinauf zu deutscher Kultur war Levl’s Religion. Goethe, Mozart, Richard Wagner: sie waren die Heiligen, zu denen er betete. Doch liess er es nicht bei diesen Grössten bewenden. Die lebendige Atmosphäre deutscher Kulturarbeit war ihm ein tägliches Bedürfnis: von Gottfried Keller bis zu Wilhelm Hertz, er hat sein ganzes Leben in der Umgebung reichbegabter, schaffender Deutscher angebracht; ihre Nähe war im Bedürfnis und sein eigenes Wissen und Wesen machte ihn allen werth. Es konnte sogar vorkommen, dass er nur aus Sehnsucht und Liebe recht schiefe Urtheile fällte. Hier schwand manchmal die Sicherheit des vielerfahrenen Mannes. Doch wer scharfe Augen besitzt, blickte gerade in solchen Momenten bis in die Tiefen dieses unablässig an sich arbeitenden Geistes hinein und sah, wie dort, in der Gluth, alles geschweisst und geschmiedet wurde. Denn Levi war immer bereit, seine Irrthümer einzugestehen. Was ihm fehlte, war jene unschuldige Unbefangenheit, deren Blick sich mühelos die Wahrheit aneignet; was ihm eignete, war — ausser der rastlosen Energie - die intellektuelle Redlichkeit gegen sich selbst. Sollte es jemals in seinem innern Konflikte zwischen Sem und Japhet gegeben haben, die nur durch Zugeständnisse an Ersteren zu lösen waren, so kann ich mir vorstellen, dass er ihm eine Handlung, irgend etwas Äusseres zum Opfer gebracht habe, nicht aber eine intellektuelle Überzeugung und Errungenschaft.
Wer es nun einstens unternimmt, diesen Mann zu schildern, wird aus seinem Leben eine grosse und schöne Moral ziehen können. Sie wäre geeignet in dem Sinne der Schlussworte vom "Judenthnm in der Musik" und von "Erkenne dich selbst" Hoffnung zu wecken.
Denn immer wieder lehrt ans das Leben, dass Hoffnung nicht das Herbeiwünschen eines Unmöglichen bedeuten kann - sonst wäre sie ja die hohe Schule der Hoffnungslosigkeit — sondern dass wir uns von diesem guten Genius führen lassen sollen, ohne zu fragen, wohin der Weg geht. Thaten allein heiligen das Leben. Und verargen wir auch nicht zu ersehen, woher die Lösung des tragischen Problems kommen soll, dessen typischer, well hervorragender und bewusster Vertreter Levl war, so lehrt uns doch dieser Mann, was wir inzwischen zu thun haben. Er zeigt uns, welche unvergängliche Verdienste ein Jeder sich erwerben kann, der mit Ungestüm sich dem Diente deutscher Kultur widmet. Er ist hierdurch nicht allein seinen engeren Stammssgenoßen, sondern uns allen ein Beispiel. Und durch Beispiele zu bilden ist die Lehre, welche Riohard Wagner uns hinterlassen hat.
Mussten wir uns aber zuletst sagen, dass das Eigenthümliche dieses nun abgeschlossenen Lebens eben jenes unermüdliche Streben und Suchen - ein grosses Sehnen - gewesen sei, so empfängt auch dies eine über das Leben und seine Erscheinungsformen hinaus reichende Weihe, in unserer Erinnerung an dis unvergleichliche Art, wie es Hermann Levl gelang, das trostlose, aber auoh rastlose Irren den nach den Grale suchenden Parsifal im Vorspiele dritten Anfsuge bei seiner Direktion des Werkes wlederzugeben.
In dieser bedeutsamen Vereinigung von Mensch und Künstler, Wesen und Begabung, erfahr ein in der Wlrklldhkelt unlöslich dankendes Probims seine ahnungsvolle künstlerische Lösung. - "Hoch einmal vernahmen wir die Verheissung und — hoffen!"
Houston Stewart Chamberlain.
Anlage 3
Aus:
König Ludwig II. und Richard Wagner. Briefwechsel.
Bearbeitet tob Otto Strobel. Dritter Band. Karlsruhe i.B. 1936.
Seite 223/224.
Brief Rlohard Wagners an König Ludwig II. vom 19.9.1881.
.......
Lilli Lehmann, die liebliche Rheintochter, hat die Gestellung der übrigen Blumenmädchen durch lauter erste Sängerinnen übernommen: lch gebrauche deren sechs, und fordere von ihnen gleich schöne, hohe Stimmen und das erforderliche angenehme Äussere, zu diesen hat sich nun noch eine Blite von etwa zwanzig jungen Chorsängerinnen zu finden, welche aufzusuchen mir allerdings sehr schwer, ja fast unmöglich fällt. Hierfür Sorge zu tragen hat nun Ihr KM. Levi übernommen: seinem vorzüglichen Eifer und seiner fast leidenschaftlichen Ergebenheit glaube ich vollständig vertrauen zu können, und suche ihn desshalb gern über sein Judenthum zu beruhigen. Trotzdem nämlich häufig verwunderungsvolle Beschwerden darüber mir zukommen, dass gerade der "Parsifal", dieses allerchristlichste Werk, von einem jüdischen Kapellmeister dirigiert werden solle, und Levi selbst darüber in Verwirrung und Betroffenheit sich befindet, halte ioh an dem Einen fest, dass mein gnadenvoller königlicher Herr mir Seine musikalische Kapelle und Gesangchor zur Verwendung für ausserordentliche Aufführungen eines ungewöhnlichen Werkes, als einzig ermöglichende Mitwirkung, grenzenlos grossmüthig und freigebig zuweist, dass ich demnach die Meister dieses musikalischen Körpers, so wie der königliche Herr sie selbst in Seinem Dienstee verwenden lässt, ebenfalls dankbar annehme, ohne zu fragen, ob der eine ein Jude ist, der andere ein Christ sei *); und ich glaube, durch diese sehr einfache Berufung aller Ungehörlgkeit zuvorzukommen. Zudem muss loh wirklich gestehen, dass ich mit der musikalischen Direction meiner Opern, bei meinem letzten Besuche, in München zufriedener war, als irgend sonst wo; und wenn loh hiervon auch viel auf die gerade in München erhaltene Tradition verweisen kann, so ist es doch eben sehr erfreulich, dass diese dort gut erhalten wurde. .....
1) Diese Worte Wagners stehen zu seiner hinlänglich bekannten wirklichen Meinung in zu starkem Widerspruche, als dass sie nicht förmlich wie eine absiohtllah abgegebene "Erklärung" wirkten. Was Wagzier zu einer solchen veranlaaste, waren die seltsames Schwierigkeiten, die die Wahl seines ersten "Parsifal"- Dirigenten bereitet hatte« Elnem mündlichen Berichte Alexander Ritters zufolge hatte nämlioh Wagner der Intendanz des Münchener Hoftheaters mit geteilt, dass er Levi nicht wünsche, sondern seinen ”Parslfal"-Dirlgentan selbst bestimmen wolle. Wagner habe jedoch daraufhin aus München den Bescheid erhalten, dass ihm das Hoforchester nur mit Levi oder gar nicht überlassen würde. ("Der Kampf zweier Welten um das Bayreuther Erbe. Julius Khieses Tagebuchblätter aus dem Jahre 1888." Herausgegeben von Julie Kniese« Leipzig 1931 S.1T ). Den Ausschlag dafür, dass Levi schliesslich doch der erste "Parsifal-Dirigent wurde, haben aber wie Julius Knies am 17.Juli 1883 an seine Frau schreibt, "anonyme Briefe an Wagner gegeben, des Inhaltes, dass Frau Wagner Herrn Levi mehr als begünstige, vielleicht ein intimes Verhältnis mit ihm habe", weshalb Wagner, "um seine Frau vor dem anonymen Schriftsteller zu dementieren", geswungen gewesen sei, "nur Levi dirigieren zu lassen." (Bbenda, S.96/96). Kniese, der in die Angelegenheit durch Herrn v. Bürkel eingeweiht worden war, fährt dann in seinem Briefe - merkwürdig ahnungsvoll - noch fort: "lch schreibe Dir das alles, um es schwarz auf weise zu haben. Vielleicht wird man einmal in die Lage gedrängt, davon Gebrauch zu machen." (Ebenda, S.96). Glasenapp kommt zwar auf das Ende Juni 1881 bei Wagner eingelaufene anonyme Schreiben ebenfalls zu sprechen, gibt aber bezüglich dessen Inhalt nur an, dass Wagner beschworen worden sei, seinen "Parsifal" rein zu erhalten und ihn nicht von einem Juden dirigieren zu lassen (Glasenapp VI, S.501). Vir besitzen aher heute einen einschlägigen unmissverständlichen Bericht Frau Cosimas selbst in Gestalt der Mitteilung, die sie am 1.Juli 1881 ihrer Tochter Daniela machte: "Am Mittwoch (29.Juni 1881); der brachte allerlei Raues: nämlich einen anonymen Brief an Papa, in welchem der arme Levi so schändlich verklagt wurde (und zwar in Gesellschaft mit mir), dass er sich garnioht fassen konnte, und plötslioh abreiste." ("Cosima Wagners Briefe”, S.215). Wagner teilte jedoch am 1.Juli Levi alt, dass er "für alle Fälle" sein "Parsifal"-Dirigent sei, worauf Levi nach Bayreuth zurückkehrte (Glasenapp VI, S.601/502).
Anlage 4
Eichthal - Straße:
Benannt nach Karl Freiherrn von Eichthal, den Begründer der "Karl-Freiherr-von-Eichthal-Stiftung" (1878). Elohthal lat dar Sohn das bayerischen Hofbankiers Simon Freiherrn von Eiohthal. Dieser wurde an 22.September 1814 vom bayerischen König Max Joseph ln den Freiherrnstand erhoben und naoh seinem Orte bei den Wallfahrtsort Maria-Eich von Eichthal genannt. Vorher hiess Slmon Freiherr von Eichthal Aaron Elias Seligmann; er stammte aus Leinem bei Heidelberg. Aaron Elias Seligmann ist jüdischer Rasse. (Hümmert, Ludwig: Die finanziellen Beziehungen jüdischer Bankiers und Heereslieferanten zum bayerischen Staat in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. München 1927,8.13 ff - Gothaisches genealogisches Taschenbuoh der frelherrlichen Häuser, 1917, S.203-206).
Hermann Levl-Straße:
Hiezu vergleiche Bericht des Stadtarchivs vom 26.Juli 1934, ferner Schreiben des Refrats 7 vom 18 .Mai 1937.
Aus den Briefen Richard Wagners an Levi und aus der Einleitung zu diesen Briefen von Houston Stewart Chamberlain ist ersichtlich, dass sioh schon damals aus dem Judentum Levis Schwierigkeiten für Richard Wagner wie für Chamberlain ergaben und dass schon damals der Zwiespalt empfunden wurde, der daraus erwuohs, Richard Wagners deutsches Werk den Händen eines Juden anvertrauen zu müssen. Wie Chamberlain hier eine Brücke schlug, weist seine Einleitung zum Briefwechsel Wagners mit Levi wenn er zusaamenfassend schreibt: "Levi zeigt uns, welche unvergängliche Verdienste ein Jeder slch erwerben kann, der mit Ungestüm sich dem Dienste deutscher Kultur widmet; er ist hiedurch nicht allein seinen engeren Stammesgenossen, sondern uns allen ein Beispiel. Und durch Beispiele zu bilden, ist die Lehre, welohe Richard Wagner uns hinterlassen hat". (Anlage 1 und 2)«
Erst die im Jahre 1936 erfolgte Herausgabe des Briefwechsels König Ludwigs II. mit Richard Wagner liess das Verhältnis Richard Wagners zu Levi in einem anderen Lichte erscheinen, nämlioh so, dass Wagner aus einer Zwangslage heraus (siehe Anlage 3) Levi annehmen und halten musste. Der Briefwechsel, der mit Unterstützung des Hauses Wahnfried veröffentlicht worden ist, stellt zweifellos das Ergebnis der letzten Forschungen in der Frage Richard Wagner-Levi dar. Trotzdem erscheint die Frage, insbesondere in Berücksichtigung des Wagner'schen Briefwechsels mit Levi nicht unbedingt gelöst.
Mahler-Straße :
Benannt naoh dem Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler, Mahler war naoh Hugo Riemanns Musiklexikon, 11. Auf läge, 1929, Seite 1097/98 jüdischer Rasse.
Meyerbeer-Straße:
Benannt nach dem Opemkomponisten Jakob Meyerbeer. Meyerbeer hiess mit seinem bürgerlichen Namen Jakob Liebmann-Beer, die Hinzufügung des Namens Meyer war Bedingung zum Antritt einer reichen Erbschaft von einem Verwandten dieses Namens.
Meyerbeer war naoh Hugo Hiemanns Musiklexikon, 11.Auflage, 1929, Seite 1173/74 Sohn eines jüdischen Bankiers.
Paul Heyse-Straße:
Benannt naoh dem Dichter Dr. Paul Ritter von Heyse. Heyse ist der Abstammung naoh Halbjude, Sohn des Spraohforschers Karl Wilhelm Ludwig Heyse und der Jüdin Julie Saaling, einer Nichte des bekannten Berliner Juden Hitzig (Bartels, Adolf: Geschichte der deutschen Literatur, 3.Band, 1928, Seite 39).
Der bekannte, oben zitierte Literarhistoriker Adolf Bartels, der Vorkämpfer gegen das Judentum im deutschen Schrifttum, erkennt trotzdem die Leistungen Paul Hayses an.
Trautmann-Straße:
Benannt naoh dem Heimatdichter und -schriftsteller Franz Trautmann. Franz Trautmann ist nach Forschungen, die das Stadtarchiv für einen Abkömmling Trautmanns durohgeftihrt hat, Halbjude von Vaters-Seite her. Der Vater Franz Trautmanns hiess ursprünglich Isaak Samson Neuburger; er nahm mit Bewilligung der Regierung den Namen Trautmann an, nachdem er eich im Jahre 1602 katholisch in Aubing hatte taufen lassen.
Eine Umbenennung der Trautmann-Strasse liesse sich ohne Schwierigkeiten insofern durchführen, als lediglich die im Adressbuoh der Öffentlichkeit bekanntgegebene Begründung abgeändert und auf den gleichnamigen Münchner Heimatforscher, Professor Karl Trautmann, abgestellt werden müsste.