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Dörfliche Gesellschaft im alten Bayern. 1500-1800

Titel Dörfliche Gesellschaft im alten Bayern. 1500-1800
Autor:in Beck Rainer
Verlag Haus der Bayerischen Geschichte
Buchart Broschiert
Erscheinung 1992
Seiten 48
ISBN/B3Kat 3927233242
Kategorie Geschichte 
Serie Hefte zur Bayerischen Geschichte (14)
Suchbegriff Dorf 

Vorwort

Abgearbeitet, im sonntäglichen Putz - so steht sie mit dem Ausdruck bäuerlichen Stolzes vor der idealisierten Herrschaftskulisse des adeligen Gutshofes, die „Magdalene Pichelmayrin oder so genante Henner-Lena". Mit 18 Jahren war sie in den Dienst der Grafen von Toerring-Jetten-bach getreten, wo sie nach einem mehr als sechzigjährigen Arbeitsleben vermutlich 1758 mit 81 Jahren starb. Sie war zuletzt Hühnermagd - so zeigt sie das Bild — und stand damit auf der untersten Stufe in der Sozialleiter des herrschaftlichen Gesindes.
Obwohl nur ein kleines Rädchen im Gefüge dieses ländlichen Kosmos verdient sie dennoch den Platz auf der Titelseite dieses Heftes. Erinnert sie doch in ihrer Person an ein über Jahrhunderte wirksames gesellschaftliches Ordnungssystem, das die ländliche Lebenswelt und den individuellen Handlungsspielraum des „vierten Standes" bestimmte. Die dörfliche Welt war ein lebendiges Spannungsfeld zwischen adeliger Herrschaft und bäuerlicher Genossenschaft, zwischen alten dörflichen Gemeinderechten und obrigkeitlichen Machtansprüchen, Zudem stellte sie in ihrem Inneren stets eine komplizierte Gemengelage aus sozialer Schichtung und wirtschaftlicher Differenzierung dar. Trotz allen Wandels im einzelnen bildete sie ein tragendes Kontinuitätselement, das erst nach 1800 grundlegende strukturelle Änderungen erfuhr. Für ein Land wie Bayern, das zu Recht bis weit ins 20. Jahrhundert als Agrarstaat bezeichnet wurde, ist die genauere Betrachtung der dörflichen Gesellschaft im alten Bayern daher nicht nur von Interesse, sondern auch von Relevanz. Aus dem historischen Verständnis der Eigenart und Eigenständigkeit des Dorfes nämlich werden spezifische Charakteristika erkennbar, die auch der heutigen Diskussion um die Erhaltung und Entwicklung des ländlichen Raumes manchen Anstoß geben können. Zur modernen Dorferneuerung gehört eben auch die Dorfgeschichte, aus der fortwirkende Strukturen und Prägungen erkennbar werden. Das vorliegende Heft, das thematisch im Umfeld der Landesausstellung des Jahres 1992 „Bauern in Bayern" steht, mag dazu einen bescheidenen Beitrag leisten.
Manfred Treml