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Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)
Die bekannte Geschichte der Agnes Bernauer gehört nicht zur Geschichte der Stadt München, und es werden daher auch die verehrlichen Leser dieses Buches, welche die Aufschrift dieses Abschnittes wohl etwas verwunderlich angeblickt haben, damit unbehelligt bleiben, Aber München blieb der Verlauf dieses bedauerlichen Vorfalls keineswegs ganz fremd, und wir werden daher einige Episoden anführen, die in unserer Stadt sich zutrugen und von denen die Stadtkammerrechnungen melden.
Im Jahre 1431 wurden einigen Bauern – die Rechnungen benennen den Ort nicht – ihre Pferde von einem gewissen Münchhauser und seinen Gesellen entwendet. Münchhauser, der deshalb verfolgt wurde, flüchtete sich in die alte Veste nach München und behauptete, er habe diese Pferde auf Befehl der Herzogs Ernst genommen. Da dem Stadtoberrichter aber eine Jurisdiktion über Personen, die in der herzoglichen Burg sich befanden,
Nicht zustand, so sendete der Magistrat einen Boten nach Straubing an die Herzoge um Verhaltungsbefehle, „worüber die Bernauerin gar zornig war.“ Doch brachte der Bote gnädige Briefe von der Herrschaft, worauf der Münchhauser in die Schergenstube gebracht und im folgenden Jahre hingerichtet wurde.
Im Jahre 1434 wurde eine Weibsperson, Namens Aicherin und ihre Gespielin, eine Bettlerin von München, verhaftet, wie sie, wie es in der Rechnung heißt, „die jungen Bürger von München verschrieben hat gegen (zu Gunsten) die Bernauerin.“ Die Aicherin wurde aus der Stadt verbannt.
Die Gemahlin des Herzogs Wilhelm hatte ihm im Jahre 1434 ihren ersten Sohn, Adolf, geboren, der aber bald nach der Geburt starb. Die Münchener beschuldigten nun die Bernauerin, sie habe diesen Prinzen hinterlistigerweise vergiften lassen, um allenfalls ihren Kindern, wenn sie solche bekäme, die dereinstige Thronfolge zu sichern. Dieser Verdacht war aber wohl ein ungegründeter, vielmehr scheint dieser Prinz schon sehr schwächlich zur Welt gekommen zu sein. Als nämlich im Monate März 1434 ein Hofdiener dem Bürgermeister Ligsalz, als Vorstand des Rathes, die Nachricht meldete, daß die Herzogin niedergekommen sei und einen schönen Sohn gewonnen habe, sendete der Magistrat München sogleich einen Boten mit der Stadt Brief zu Herzog Wilhelm, der eben nicht in München war, um ihm von dem erfreulichen Ereignisse Kunde zu bringen. Hier ist nun in der Stadtkammerrechnung die Bemerkung beigefügt: „wir wollen sehen, ob dieser Knabe bis zum Schluße
Dieser Rechnung noch leben wird.“ Diese Bemerkung scheint auf die sehr schwächliche Beschaffenheit des Kindes hinzudeuten, wodurch dessen baldiger Tod zu befürchten war, und damit wäre jeder Verdacht eines boshaften Verbrechens von Seite der Bernauer ausgeschlossen.
Die Schwester des jungen Herzogs Albrecht, die Prinzessin Beatrix, vermählt an Herzog Johann von Amber, scheint über das Liebesverhätniß ihres Bruders mit de Agnes Bernauer sehr aufgebracht gewesen zu sein, was aus zwei Stellen der Stadtkammerrechnung hervorgeht. Als nämlich die Herzogin Beatrix im Jahre 1431 nach München kam, und ihr der Magistrat den üblichen Ehrentrunk brachte, heißt es darin: „daß sie mit Herzog Albert genug zornig war von Frauen Ressen wegen, der hoch- und großfürstlichen Bernauerin wegen.“ Auch in dem Jahre 1434 brachte der Münchener Stadtmagistrat der Herzogin Beatrix wieder den Ehrentrunk, „als sie hier war im Advent und geschaut unsere gnädige Frauen Herzogs Wilhelm Gemahlin, und thät ihr etwas Zorn von ihres Bruders Albert wegen, dass der nicht auch eine schöne Frauen hätt.“
Im Monat September 1435 starb Herzog Wilhelm zu München. Der Magistrat schickte sogleich einen Boten mit der Stadt Klagebrief nach Moosburg zu Herzog Ernst. Bald hierauf reiste Bürgermeister Ligsalz mit Herzog Ernst nach Kelheim, wo die Fürsten und Herrn eine Unterredung hatten wegen Herzog Ludwig dem Gebarteten, „um der Bernauerin wegen.“ Der nächstfolgende Rechnungsvortrag nach diesem meldet schon den
Tod derselben mit folgenden Worten: „item 60 Pfennige haben wir bezahlt nach Rathgeschäft unseres gnädigen Herrn Herzog Ernst Boten zur Ergötzung seiner müden Beine, daß er reschlingen (schnell) von Straubingen her war geloffen, und die Mähre brachte, dass man die Bernauerin gegen Himmel hat gefertiget, Sonntag nach Gallus 1435.“ Der Magistrat München schickte darauf einen Boten nach Landsberg, um dem daselbst eben weilenden Herzog Ernst zu verkünden „den Untergang der Bernauerin in der Donau zu Straubing hinz der Brücke zu St. Peter im Kirchlein.“
Herzog Albrecht war wegen dieser That gegen seinen Vater Herzog Ernst so erzürnt, dass er sich nach Ingolstadt zu seinem Vetter Herzog Ludwig dem Gebarteten, dem alten Feinde seines Hauses, begab, seinem Vater absagte und den Krieg erklärte. Deshalb ließ nun der Magistrat München einen feierlichen Gottesdienst halten, um „da Herzog Albrecht sich etwa gegen seinen Vater Herzog Ernst richtete, Gott zu bitten, daß er sich gnädig niederließe.“ – Der Magistrat sendete ferner die Räthe Peter Rudolf, Lorenz Schrenk und Ludwig Wilprecht nach Ingolstadt, um Herzog Albrecht mit seinem Vater zu versöhnen, und verkündigte der auf das Rathhaus berufenen Bürgerschaft, daß Herzog Albrecht sicheres Geleit habe, um nach München zu kommen. Noch vor dem Schluße des Jahres 1435 erhielt der Magistrat die Botschaft, daß Herzog Albrech mit seinem Vater ausgesöhnt sei, „doch war es dennoch nicht eine ganze Richtigung,“ fügt die Stadtkammerrechnung hinzu.
Als sich Herzog Albrecht im Monat November des folgenden Jahres 1436 mit Anna, Prinzessin von Braunschweig, vermählte, sind in der darauf bezüglichen Rechnung die Worte beigefügt: „des sollen wir alle froh sein, daß wir nicht wieder eine Bernauerin gewonnen haben.“