Münchner Sagen & Geschichten

Die Gründung des Klosters Ettal durch Kaiser Ludwig den Bayer. 1330

Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)


Kaiser Ludwig der Bayer hatte im Jahre 1326 beschlossen, über die Alpen nach Italien zu ziehen, um dieses wieder an das deutsche Reich zu bringen und sich in Rom die deutsche Kaiserkrone nach Sitte seiner kaiserlichen Vorfahren auf das Haupt zu setzten. Dieses Jahr verfloß jedoch über den Zubereitungen zu dem Römerzuge. Am Anfange des nächstfolgenden Jahres 1327 aber reiste Ludwig an der Spitze von sechshundert Rittern nach Italien, hielt, seine Gemahlin Margaretha von Holland zur Seite, prachtvollen Einzug in Mailand und setzte sich daselbst die eiserne Krone der Lombarden auf das Haupt.

Von  da setzte er seinen Zug fort, indem sich ihm der seiner Zeit berühmteste Herrführer Castruccio Castracani, Fürst von Lucca, mit fünfhundert Reitern anschloß. Endlich am 7. Jänner 1328 zog Ludwig in Rom ein und empfing zehn Tage nach seinem Einzuge in der Kirche zu St. Peter die kaiserliche Krone. Unter Festen und 

Freuden, und dem Jubel und Zujauchzen des römischen Volkes gebar ihm seine Gemahlin Margaretha einige Tage darauf einen Sohn, welcher darum Ludwig der Römer genannt wurde.

Allein die während dieses Verlaufes entstandenen kleineren Feldzüge, der Unterhalt des deutschen Heeres, der glänzende Aufwand, den ihm seine Krönung und sein langes Verweilen in Rom verursachte, hatten seinen Schatz gänzlich erschöpft; und als er nun deshalb Steuern von der Stadt Rom fordern musste, wurde er nicht nur von seinen italienischen Anhängern verlassen, sondern er zeigte sich selbst im Volke eine bedenkliche Gährung, so dass er Empörung und Aufruhr befürchten musste. Er war daher gezwungen am 6. August 1328 Rom wieder zu verlassen, wobei das wetterwendische römische Volk, welches ihn vor einem halben Jahre mit Frohlocken empfangen hatte, seinen Auszug mit Hohn und Spott verfolgte.

Langsam, unter fortwährenden Kämpfen durchschritt er Italien, erreichte im Frühlinge des Jahres 1329 die Lombardei und Pavia, woselbst er den berühmten Hausvertrag über seine Lande schloß.

Allein sein Römerzug war fruchtlos gewesen, keinen seiner Entwürfe konnte er vollenden; was er bereits in Italien erworben, war wieder verloren. Unter den betrübtesten Umständen, wegen Mangel an Geld in große Noth gerathen, trat er seinen Heimzug über die Alpen, ohne Mittel diesen zu bestreiten, an.

In dieser bitteren Verlegenheit, sein Gemüth niedergedrückt von bangen Sorgen um sein künftiges Schicksal, wendete er sich an den Himmel und nahm seine Zuflucht 

zum Gebete. In einem Kirchlein des Gebirges, der heil. Mutter Gottes geweiht, - erzählt uns eine Sage, welche Lukas Zeyffenmair von Wessobrunn und Falkenstein uns aufbewahrten, - warf er sich zu den Stufen des Altares, richtete inbrünstige Bitten zur himmlischen Jungfrau und rief sie an um ihren Schutz und ihre Fürbitte bei ihem göttlichen Sohne, auf dass dieser ihm Gnade und Barmherzigkeit wolle verleihen. 

Und siehe da, während seines Gebetes, spaltete sich plötzlich die Mauer, und es stand vor ihm ein alter Mann in schwarzer Benediktinerkleidung. Der Kaiser erschrack heftig über diese Erscheinung, doch der Mönch sprach: „Willst du meinem Rathe folgen, o Ludwig! so wollte ich dir wohl einen Vorschlag machen, der alle deine Sorgen endete.“

„Ich will deinem Rathe gerne Gehör geben,“ antwortete der Kaiser, „wenn er anders nicht wider Gott und seine heilige Mutter Maria ist.“

„Nein,“ erwiderte der Mönch, „vielmehr wird dadurch Gott und seine Mutter Maria erst recht geehrt.“

Als der Kaiser nun einwilligte, fuhr der Mönch fort:

„Du besitzest in deinem Lande einen gewissen Ort, der Ampferang heißt; an diesem orte sollst du zur Ehre Gottes und der glorreichen Jungfrau Maria ein Kloster bauen. Er wird morgen ein mächtiger welscher Herr zu dir kommen und dich um die Freiheit seiner Person und seines Gebietes bitten, und wird Lehen von dir empfangen. Dieser Herr wird dir soviel Geld geben, als du verlangest und dann kannst du nach Hause kehren.“

Bei diesen Worten zog der Mönch aus seiner Kutte 

zum Gebete. In einem Kirchlein des Gebirges, der heil. Mutter Gottes geweiht, - erzählt uns eine Sage, welche Lukas Zeyffenmair von Wessobrunn und Falkenstein uns aufbewahrten, - warf er sich zu den Stufen des Altares, richtete inbrünstige Bitten zur himmlischen Jungfrau und rief sie an um ihren Schutz und ihre Fürbitte bei ihem göttlichen Sohne, auf dass dieser ihm Gnade und Barmherzigkeit wolle verleihen. 

Und siehe da, während seines Gebetes, spaltete sich plötzlich die Mauer, und es stand vor ihm ein alter Mann in schwarzer Benediktinerkleidung. Der Kaiser erschrack heftig über diese Erscheinung, doch der Mönch sprach: „Willst du meinem Rathe folgen, o Ludwig! so wollte ich dir wohl einen Vorschlag machen, der alle deine Sorgen endete.“

„Ich will deinem Rathe gerne Gehör geben,“ antwortete der Kaiser, „wenn er anders nicht wider Gott und seine heilige Mutter Maria ist.“

„Nein,“ erwiderte der Mönch, „vielmehr wird dadurch Gott und seine Mutter Maria erst recht geehrt.“

Als der Kaiser nun einwilligte, fuhr der Mönch fort:

„Du besitzest in deinem Lande einen gewissen Ort, der Ampferang heißt; an diesem orte sollst du zur Ehre Gottes und der glorreichen Jungfrau Maria ein Kloster bauen. Er wird morgen ein mächtiger welscher Herr zu dir kommen und dich um die Freiheit seiner Person und seines Gebietes bitten, und wird Lehen von dir empfangen. Dieser Herr wird dir soviel Geld geben, als du verlangest und dann kannst du nach Hause kehren.“

Bei diesen Worten zog der Mönch aus seiner Kutte 

ein weißes Muttergottesbild, und gab er dem Kaiser mit dem Auftrage, über diese Bild die Kirche zu bauen. Hierauf verschwand der Mönch.

Und bald darauf geschah es, wie es der Mönch vorhergesagt, dass sich ein vornehmer Herr bei dem Kaiser melden ließ, und ihn um die Freiheit sowohl seiner Person, als auch seines Gebietes bat. Der kaiser gab ihm solche und verlangte zugleich von ihm hunderttausend Gulden. Der unbekannte Herr gab ihm nicht nur diese Summe, sondern noch fünfzigtausend Gulden dazu, und seinem Kanzler zweitausend Gulden.

Der Kaiser zog nun heim in die deutschen Lande und in sein Herzogthum Bayern. Sogleich erkundigte er sich allenthalben, wo denn der Ort Ampferang liege. Allein lange kam kein Mensch, welcher den Namen dieses Ortes und die Gegend kannte, wo er liege, bis sich endlich ein Jäger von Oberammergau, Heinrich Vendt genannt, hervor that, dem der Name und der Ort bekannt war. Und er zeigte dem kaiser eine wilde, schauerliche Gegend in einer großen Wildniß unseren Partenkirchen und der Flüsschens Amper, Ettal genannt. Als nun der Kaiser in dieser Gegend über einen Steig heraufgeritten war, wurde das Marienbild, das er bei sich trug, plötzlich so schwer, daß er es schier nimmer weiter tragen mochte; auch fiel hier sein Roß dreimal mit den Vorderfüßen auf die Kniee, da merkte der Kaiser, daß dieß die Stelle sein müsste, welche ihm der Mönch angedeutet hatte.

Der Kaiser ließ nun an diesem platze die Wildniß ausroden und den Grund zum Kloster ausgraben, wobei man auf viele menschliche Gebeine stieß, so daß man 

vermuthete, er müsste an diesem Orte vor uralten Zeiten eine große Schlacht geschlagen worden, oder derselbe ehedem von Menschen bewohnt gewesen sein.

Am 28. April 1330 legte der Kaiser eigenhändig den ersten Stein, und als sich endlich das Kloster und die Kirche, - welche er mit den heimgefallenen Gütern der damals ausgestorbenen, dem Ritterstande angehörigen alten Familie der Gollir in München dotierte, - erhoben hatte, schenkte der Kaiser dahin das ihm von dem Mönche übergebene Muttergottesbild. Bei diesem Bilde erwuchs nachmals eine berühmte Wallfahrt, und dir Fromme Sage erzählte, Niemand kenne den Stoff, aus welchem dieses Bild gemacht sei, und der Mönch, der dem Kaiser erschienen und dieses Bild schenkte, sei ein Engel gewesen. Auch könne Niemand, der eine schwere Sünde auf sich habe, diese Bild heben. – Es sei hieraus zu schließen, schreibt der alte Chronist Falkenstein, daß der frommer Kaiser mit Unrecht im banne war, vielmehr sich im Stande der göttlichen Gnade befunden habe.

Das neue Kloster aber, Ettal genannt, stiftete der Kaiser als ein Ritterkloster mit neuer noch nicht erhörter Regel. Zwanzig Mönche aus dem Orden des heiligen Benedikt, unter ihnen vierzehn Priester, und dreizehn im Kriege wohlverdiente Ritter unter einem aus Ihrer Mitte gewählten Meister sammt ihren Frauen sollten es bewohnen, auch sechs Wittwen tapferer Männer. Die Mönche sollten ihren Orden, die Ritter und Frauen ihre Ehen halten. Sie empfingen Vorschrift strenger Zucht. Den Männern deren Kleidung von grauer und blauer Farbe, war wohl Spiel um Geld verboten, jedoch nicht die ritterliche Lust  

am Armbrustschießen, Pürschen, Baizen und Jagen; den Frauen, deren Tracht blau, war der Tanz untersagt. Der Meister, welcher über das Kloster wachte, hatte vier Rosse, einen Koch, zwei Junker, einen Schreiber mit zwölf Hunden und einen Falkner mit zwei laufenden Knechten; den übrigen Rittern wurden gemeinschaftlich acht Rosse gehalten. Zu ihrer Bedienung hatte jeder Ritter mit seiner Ehefrau einen Knecht, eine Dirne und einen Heizer, die Wittwen alle gemeinschaftlich aber zwei Mägde. Immer sollten zwei Ritter und zwei Frauen am Tische gemeinsam essen, wobei Niemand ohne Erlaubniß der Meisters reden durfte, dagegen aber wurde aus frommen Büchern in deutscher Sprache vorgelesen. Wessen Frau starb, der durfte sich im Kloster wieder vermählen.

Aber diese wundersame Ordnung bestand nur so lange, als der Kaiser lebte; nach seinem Tode ging das Ritterstift ein, und blieb Ettal nur ein Benediktinerkloster. In den Stürmen der neuen Zeit dieses Jahrhunderts ward das Kloster Ettal aufgehoben; noch immer aber ist das Muttergottesbild ein Gegenstand der Verehrung und Andacht des Volkes und das Ziel gläubiger Wallfahrer.

 


I.M. Mayer Kgl. Hofsattler und Kutschenfabrikant