Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Ihre Geschichte und ihre hervorragendsten Erzeugnisse.
München, Georg Franz.
1846.
Bei der monumentalen Richtung, welche die neue Münchner Kunst gleich anfänglich einschlug und seither festhielt, war die Wiederbelebung der Erzbildnerei von höchster Wichtigkeit Dieser Kunstzweig, welcher dem Zahne der Zeit mit einem selbst den Marmor beschämenden Materiale trotzt, war eben darum in allen Epochen der Kunst recht eigentlich der Träger ihrer historischen Absichten, somit auch ihrer sinnigsten und fruchtbarsten Ideen. Seit Geraumem jedoch war sie, wie auch manche andere Technik, ausser Uebung gekommen, so dass bei ihrer Wiederaufnahme vor etwa einem Vierteljahrhundert es nicht viel weniger als ein ganz neues Feld zu bebauen galt.
Rasch jedoch schwang sie, und zunächst in Bayern, zu einer Höhe sich empor, wovon weder das Alterthum ein Beispiel noch die Neuzeit eine Ahnung hatte, und wenn wir die reiche Zahl ihrer Meisterwerke überblicken, welche nicht allein Bayerns öffentlicher Plätze und Prachtbauten, sondern auch vieler Städte Europa's und selbst Amerikas herrlicher Schmuck sind: so kann man von Bayern wohl sagen, dass recht eigentlich es erst der übrigen kunstübenden Welt den monumentalen Erzguss wiedergeschenkt habe.
An der Spitze der kleinen Anfänge, aus welchen so Grossartiges sich entwickeln sollte, stand der vor einigen Jahren verstorbene Inspector der k. Erzgiesserei, Johannes Stiglmayer.Geboren i. J. 1791 zu Fürstenfeldbruck nahe bei München, beurkundete er im zartesten Alter schon, wenn auch unter den ungünstigsten Verhältnissen, seinen Beruf für die Kunst, konnte später auf Verwendung eines Gönners hin die Akademie besuchen, leistete Ungewöhnliches in der Slcmpelschneidckunsl, wurde als Münzgraveur angestellt, und erhielt in dieser Eigenschaft eine k. Unterstützung zur Reise nach Italien. In Rom wurde er dem damaligen Kronprinzen und jetzigen König von Bayern bekannt, welcher mit glücklichem Blicke die Fähigkeiten erkannte, womit Stiglmayers einen künftigen grossen Kunstunternehmungen förderlich seyn könnte. Dieser erlauchte Mäcen war es, welcher Stiglmayer's aufkeimendes Talent zuerst auf den Erzguss im Grossen hinwies; und wenn die hienach angestellten Versuche auch anfänglich scheiterten, so schlugen sie doch bald in immer erfreulichere Resultate aus, wovon wir beispielshalber nur die in Neapel zu Stand gebrachte eherne Büste des Kronprinzen nach Thorwaldsen namhaft machen. Im Jahre 1822 in die Heimath zurückgekehrt, arbeitete Stiglmayer nach wie vor mit Auszeichnung in der Stempelschneidekunst, benützte jedoch die Gelegenheit des 1824 in Berlin ausgeführten Gusses der Blücherstatue von Rauch zur Erweiterung seiner Kenntnisse in diesem Kunstzweig.
Um diese Zeit etwa ward von König Maximilian die königliche Erzgiesserei in München erbaut. Ihre erste Einrichtung entsprach dem ursprünglichen Zwecke, kleinere Bronze- und Erzgusswaaren zu fertigen. Erst später wurde ein Ofen gebaut, welcher 120 Zentner.Erz fasste, und somit die Möglichkeit gab, auch grössere Gusswerke zu unternehmen.
Ihre wahre Bedeutung jedoch erhielt die Anstalt erst, als König Ludwig kurz nach seinem Regierungsantritte im J. 1825 sie für seine monumentalen Plane umgestaltete und erweiterte, sie vielmehr neu gründete, und unter Stiglmayer's Leitung stellte. Nun erst ward mit Besonnenheit angefangen, mit Sicherheit von Unternehmung zu Unternehmung geschritten, und dabei stete Umschau gepflogen, wo neues Gutes zu erlernen, altes Vortreffliches wieder zu gewinnen, und alles Erworbene zu erweitern und zu verbessern sey.
Anfangs nur von König Ludwig beschäftigt, gewann diese Anstalt unter Slieglmayer's rühriger und glücklicher Leitung immer allgemeineren Ruf, so dass bald Anträge von fremden Orten, ja vom Auslande und selbst aus fernen Welttheilen her einliefen, und dass sie in diesem Augenblicke — seit dem am 2. März 1844 erfolgten Tode Stiglmayer's von dessen Neffen und Schüler Ferdinand Müler mit gleichem Geschicke und gleichem Glücke fortgeleitet — unter allen ähnlichen Instituten den ersten Rang einnimmt, über die grössten Giessgruben und Giessöfen verfügt, fortwährend, und oft abwechselnd Tag und Nacht, 50 — 70 Arbeiter beschäftigt, und zuweilen in Einem Jahre 8 — 10 überlebensgrosse Bildsäulen für alle Gegenden der civilisirten Welt zu Tage fordert.
Die Hauptarbeiten Stiglmayer's, deren Vollendung in den Zeitraum von 1825 —1844 fallt, lassen sich etwa unter folgender Uebersicht zusammenstellen.
Das Grabmal des Fräuleins v. Männlich mit der lebensgrossen liegenden Gestalt der Entschlafenen, auf dem Friedhof zu München; das Denkmal des Königs Maximilian im Bade Kreuth, und zu dem Denkmal des Abschiedes der Königin Therese von ihrem Sohne dem König Otto von Griechenland, aufgerichtet bei Aibling, eine Madonna mit dem Kinde.
Die 12 in Feuer vergoldeten Ahnenstatuen des neuen Thronsaals in München; die Statue des Generals Becker auf seinem Grabmal in München; die kolossalen öffentlichen Ehrenstatuen von Jean Paul in Bayreuth; Mozart in Salzburg; Markgraf Friedrich von Brandenburg in Erlangen; die 19 ' hohe Statue des Grossherzogs Ludwig von Darmstadt, und der ausnehmend schöne Tafelaufsatz mit den Nibelungen und Amelungen für den Kronprinzen von Bayern, in matter Vergoldung — einer lange nur den Franzosen eigen gewesenen Technik.
Die Statue Schiller's in Stuttgart t und die 19' hohe Reiterstatue des Kurfürsten Maximilian in München«
Das Monument des Königs Maximilian I. auf dem Platze vor dem neuen Königsbau in München, 32' hoch.
Der Obelisk der dteissigtausend Bayern, in München, 100' hoch; das Denkmal der tapfer Oberländer, auf dem Münchner Friedhof; die Bronzethore der Glyptothek und der Walhalla; die Erztheile der grossen Conslitutionssäule in GaiHach; die inneren Giebel der Walhalla mit den nordischen Gottheiten; die goldenen Kandelaber im neuen Thronsaal des Königs von Bayern; das Grabmal des Königs Max in der Fürstengrufl u. s. w.
Al$ Wiederholungen grösserer Werke in verjüngtem Massstab sind auch die genauen Copieen der obenerwähnten 12 Statuen bayerischer Herzoge in vergoldeter Bronze für die Königin von England, den Kaiser von Russland, die Königin von Sachsen und den König von Griechenland zu erwähnen.
Im Jahre 1844, am 2. März, verstarb Stiglmayer nach zweijährigen schweren Leiden. Es war an diesem Tage alles zum Guss der nunmehr in Frankfurt aufgestellten Göthestatue nach Schwan- thaler's Modell vorbereitet worden. Der kranke Meister, ans Bett gefesselt, verfolgte die Berichte vom Fortgang des Unternehmens mit hoher Spannung. Als endlichster geliebte Neffe, den er von Kindheit an zum Erben und Nachfolger seiner Kunst bestimmt, den er als Mitgenossen seiner gesammlen künstlerischen Errungenschaft und all ihrer Geheimnisse, Erfahrungen und Vortheile herangezogen, den er als die Zukunft und das Schicksal der von ihm neuergründeten Kunst betrachtete, die Kunde vom vollkommenen Gelingen des Gusses brachte, erhob der Kranke sich vom Schmerzenslager und sank, sich Glück wünschend und die ihn umgebenden Freunde mit der Hoffnung baldiger Genesung täuschend, dem Freudeboten an die Brust. Auf das Lager zurückgesunken, schloss er nach kurzer Frist die müden Augen für immer. Unter ausserordentlichem Zudrang und dem lebhaftesten Ausdrucke allgemeiner Theilnahme — denn ebensowohl durch seine hohen künstlerischen Gaben, als die liebenswürdigste Anspruchlosigkcit seines Wesens halte er sieh bei Hoh und Niedrig, Nah und Fern die ungeteilteste Zuneigung erworben — ward seine irdische Hülle im nahen Dorfe Neuhausen beigesetzt. Schon seit geraumer Zeit hatte er dort seine Grabstätte bereitet, und der dankbare Neffe schmückte sie mit einem ehernen Reliefbilde des friedeverheissenden Christus nach Schwanthaler, mit dem Portraitmedaillon Stiglmayer's und einer Tafel, worauf die Ehrenzeilen, welche der Königliche Sänger dem Angedenken des seltenen Künstlers zu widmen geruhte:
„Das in der Erzgiessekunst für unmöglich Gehaltene vollbrachtest Du mit grossem Geschick staunenerregender Kunst."
Die Arbeiten, vor deren Ausführung noch Stiglmayer vom Tode abgerufen wurde, waren:
Die überriescngrosse Bavaria für die bayerische Ruhmeshalle bei München; das Denkmal für den verstorbenen Grossherzog von Baden nebst Picdcstal und den 4 allegorischen Figuren der 4 Kreise des Grossherzogthums; und die Statuen von Tilly und Wrede für die Feldherrnhalle in München.
Die Statue des Königs von Neapel für Neapel, und die des Befreiers Bolivar für Bolivia in Südamerika.
Der Trost des Dahinscheidenden, seine unvollendeten Unternehmungen in sichrer Hand zu wissen, wurde durch die Erfolge als vollkommen gegründet erwiesen.
Herr Ferdinand Miller schien nicht nur die Kenntnisse und Fertigkeiten seines Onkels, sondern auch das Glück und den Gleich- muth, so den Verblichenen stets geleitet, zum Erbe überkommen zu haben. Vom Könige sofort zum Inspector mit Leitung der Anstalt betraut, führte er die vorgefundenen Aufträge, wie wir so eben namentlich aufgeführt, natürlich mit Ausnahme der noch mehrere Jahre bedürfenden Bavaria, meisterlich zu Ende, löste eine namhafte Folge neuer Aufträge und Bestellungen zu höchster künstlerischer Befriedigung, und erweiterte und vervollkommnete auch die technische Möglichkeit seiner Kunst, indem er es z. B. dahin brachte, Güsse von nahe an 500 Zentnern Erz — bis dahin unerhört kolossale Einsätze — mit sicherem Gelingen auszuführen. Nicht minder ist seine neue Methode der Cisclirung, wodurch die Oberfläche ein Korn, dem feinen Marmor ähnlich, erhält, somit glanzlos erscheint, und nicht nur eine grössere Ruhe und Uebereinstimmung der Formen, sondern auch einen rascheren und gleichmässigeren Ansatz der Patina vermöglicht, als eine höchst werthvolle Bereicherung der Technik zu rühmen. Diesen und anderen ausserordentlichen Verdiensten des dermaligcn Leiters der k. Erzgieseerei gibt nicht allein die ungeteilte Anerkennung der Kunstwelt, sondern factisch auch das steigende Maas von Bestellungen aus allen Ländern Europa’s das ehrenvollste Zeugniss, wie denn auch der königliche Schutzherr der Kunst die Brust des trefflichen Meisters mit einem Abzeichen seiner Huld und Werthschätzung zu schmücken geruhte.
An weiteren Unternehmungen, welche Miller seit des Onkels Tode bis auf den heutigen Tag in Ausführung brachte, sind zu nennen:
Die Kolossalbüste Jean Paul’s für Wunsicdl; das Standbild des bayerischen Staatsmannes und Rechtsgelehrten Freiherrn von Kreilmair für München; das Standbild des verstorbenen Königs Karl Johann von Schweden für Schweden, und der Brunnen mit den allegorischen Figuren der vier Hauptflüsse Oesterreichs und einer Austria für Wien.
Die Statue des k. OberstaHmcisters Freiherrn von Kessling auf dem Münchner Friedhof.
Nach Wagner’s Modellen: Die allegorischen Figuren der Stände für die Jubliläumssäule in Stuttgart.
Das Standbild des verstorbenen Ministers Huskisson für England.
Die Statue des Herzogs von Zähringen, des Gründers von Bern, für eben diese Stadt.
Die ehernen Thorflügel des neuen Kunst- und Industrieausstellungsgebäudes. Endlich ist die Wiederherstellung des verstümelt gewesenen Denkmals des Erzbischofs Conrad von höchstedten im Kölner Dome sicher aufzuzählen — ein Weihgeschenk der k. Erzgiesserei zum grossen Nationalwerke der Vollendung dieses Tempels.
Mehreres reift in diesen Augenblicken unter den Händen des Meisters und seiner Gehülfen der Vollendung entgegen, als z. B. das Standbild des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn, des Gründers und vielmehr Erneuerers der Universität Würzburg, aus Auftrag des Königs, nach einem Modelle von Wiedemann; dann die Statuen Ottokar s II., Georg von Bodiebrads , und der Königin Elisabeth, welche nebst 22 anderen Standbildern berühmter Männer und Frauen aus Böhmens Geschichte das unweit Prag von dem Privaten Veith mit beispielloser Liberalität errichtete Nationaldenkmal zieren werden, sämmtliche nach Schwanthaler's Modellen; ferner eine riesige eherne Löwen-Quatriga für das Siegesthor in München, nach Modellen von Wagner in Rom.
Das Merkwürdigste und Staunenswertheste aller dieser Unternehmungen sowohl als überhaupt in der Geschichte der Erzgiess-? Kunst jedoch bleibt das mehrerwähnte
welches, 54 Fuss hoch, neben sich den Löwen, in der Rechten das Schwert haltend, und mit der Linken den Kranz des Ruhmes emporhebend, auf einem 27 Fuss hohen Postamente mitten zwischen den äussersten Flügelenden der bayerischen Ruhmeshalle zu stehen kömmt, die auf der Anhöhe der Theresienwiese bei München nach v. Klenze’s Entwurf zur Aufnahme von 200 Porträtbüsten berühmter Bayern errichtet und bis zum Jahre 1850 vollendet seyn wird. Diese gewaltige Statue ist bereits über die Hälfte fertig, und der Besucher der königlichen Erzgiesserei kann an den dort vorfindlichen einzelnen Theilen derselben, z. B. dem Büstenstücke, in dessen Kopfhöhlung 25 Personen Platz finden, sowie an dem Hüftenstücke, dessen Guss 400 und mehrere Zentner Erz erforderte, sich selber am besten eine Vorstellung von ihren gigantischen Verhältnissen erholen. Ihr Gewicht wird nach ihrer Vollendung an 2500 Zentner betragen.
Anbelangend die räumliche Anordnung einer Anstalt, aus welcher so viel Herrliches und Einziges hervorging, so erhielt sie hauptsächliche durch die Erweiterungen König Ludwigs, insbesondere zur Zeit, da das Bavaria - Standbild beschlossen und in Angriff genommen wurde, ihre jetzige ausgedehnte Gestalt Im Einzelnen zerfallt sie in die Modellir- und Form - Säle, in das grosse Giesshauss mit seinem Schmelzofen für ein halbes Tausend Zentner Erz, in einen noch grösseren Anbau, in welchem mit Hülfe trefflicher Heb- und Zugmaschinen die ungeheuersten Massen mit spielender Leichtigkeit bewegt werden, da den Raum mit den zahlreichen mittleren Flammöfen und den Vorrichtungen für die Tiegelgiesserei, woraus Kunstwerke von geringerem Umfange, als lebensgrosse Büsten, Statuetten und plastische Werke bis zur zartesten und zierlichsten Gestaltung hervorgehen, in die Ciselirsäle, worin die letzte Hand ans Werk gelegt wird, und die Vergolderwerkstatte, wie diese z. B. für die Feuervergoldung der Ahnenbilder im neuen Thronsaale nöthig war, welche bei ihrer 10 Fuss messenden Höhe Zuverlässig zu den grossartigsten Arbeiten dieser Art gezählt werden müssen. An diese Baulichkeiten schliesst sich zur Linken der Giesserei die 120 Fuss hohe Bretterhütte, welche das gigantische Modell der Bavaria birgt.
Da der wissbegierige Besucher der Anstalt wohl auch über das Verfahren beim Gusse sich belehren möchte, so sey ihm kürzlich das Folgende mitgetheill:
Die Misstände der bekannten älteren Gussweise, welche nicht selten sogar den Verlust der Modelle und andere empfindliche Nachtheile zur Folgehalle, führten auf die Idee der Stückformerei, welche in der k. Erzgiesserci die herrschende ist. Dieses Verfahren nemlich bedient sich eines Modells von Gyps, worüber die Form aus Sand in kleinen Stücken gedrückt wird, so dass man dieselben behutsam wieder losheben kann. Ist nun auf diese Weise das Modell zur Hälfte mit feuerfesten Sandstücken über zogen, so wird eine mit verhältnissmässig starkem Eisen durchzogene Gypsschale darüber gegossen. Auf gleiche Weise wird mit der Rückseite des Modells verfahren, und man erhalt in zwei vollkommen aufeinander passenden Gypsschalen den genauen Abdruck des Modells in feuerfester Masse, üm nun die Nothwendigkeit eines massiven Gusses zu umgehen, wird zuvor die Form mit feuerfester Masse ausgegossen und von diesem sogenannten Kern dann so viel abgeschnitten, als die Dicke des Metallgusses betragen soll. Stellt man nun Kern und Form wieder zusammen, und füllt den zwischen beiden entstandenen leeren Raum mit flüssigem Metalle aus, so gibt dicss den hohlen Erzguss. Bei dessen Ausführung im Grossen steht die Form in tiefer Grube. Ein gemauerter Kanal führt von der Hoffnung des Ofens bis an die Röhren, welche das Erz ins Innere der, um dem furchtbaren Druck des flüssigen Metalls zu widerstehen, von starken Mauern umgebenen und an allen Seiten mit Eisen und Schrauben eingeklammerten Form leiten. Ist nach 15stündigem Schmelzen das Metall im Ofen gehörig flüssig und gemengt, so werden die Luftpfeifen, welche die Luft beim Eindringen des Metalls aus der Form lassen, geöffnet, die in die Form leitenden Gussrohren dagegen mit eisernen Zapfen zugehalten, damit sich vorerst eine hinlängliche Masse des Erzflusses über der Form sammle und dann plötzlich von allen Seiten zugleich in dieselbe eindringe. Hienach wird unter kurzem Gebet des Ofens Zapfen ausgestossen, donnernd fluthet das Erz in die Form, und steigt es überquellend aus deren Luftpfeifen empor, so wird der gelungene Guss mit Jubel begrüsst. Nach seiner Abkühlung erhält der rohe wiewohl reine Guss zerst den höheren Werth eines vollendeten Kunstwerks im Ciselirsaal. Hier werden seine architectonischen Glieder gefeilt und zu einer Glätte und Schärfe geschliffen, wies bei keinem andern Materiale möglich ist, Waffen und Rüstungen erhalten einen goldähnlichen Glanz, die Fleischtheile ein weiches Matt, die Ornamente eine vollendete Eleganz und Reinheit, indem sie mit Punzen von verschiedenem Korn bearbeitet werden. Ist Vergoldung des Werks an gezeigt, so wird mit Recht der im Feuer, allen anderen neueren Erfindungen gegenüber, der Vorzug gegeben. Das Gold wird mit Quecksilber aufgesetzt , und das mit diesem Amalgam überzogene Metall der Ofenhitze ausgesetzt, wodurch sich das Quecksilber in Dämpfen verflüchtigt, das Gold aber in die Oberfläche des Erzes unzertrennlich einschmilzt. Gegen die Gefahr der giftigen Quecksilberdämpfe sind die trefflichsten Vorsichtsmassregeln getroffen, indem die ganze Operation hinter Glasfenstern vorgenommen wird, und überdiess die Arbeiter durch Masken und nasse Schwämme vor dem Mund geschützt sind.
Nach diesen Mittheilungen nehmen wir Abschied vom geneigten Leser, welcher an unsrer Hand eine Werkstätte durchwandelte, von der sich in Rücksicht ihrer ausgedehnten Wirksamkeit und der weilen Verbreitung ihrer Schöpfungen sagen lässt: dass sie zu den Aufzeichnungen der Weltgeschichte recht eigentlich die ehernen Tafeln liefere.