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München in guter alter Zeit

Viertes Kapitel - Im Angerviertel.

hatte Augsburg 1364, die zweite Breslau 1368, die dritte Paris 1374 erhalten; Nürnberg folgte München erst 1462. Die Restauration von 1607 erfolgte natürlich im Sinne der Renaissance und Maximilian ließ elf Jahre später den heutigen Thurmabschluß erbauen, der 1618 wieder vom Blitz beschädigt ward. Damals ward auch gegen die Wieskapelle der Chor mit der Sakristei angefügt. Von der alten Einrichtung des Inneren aber bleib nichts übrig als der aus der Zeit des Kirchenbaues von 1365 stammende steinerne Schrenk'sche Altar links vorne in der Seitenkapelle.

Wie bekannt blasen jetzt einige Musiker während der Sommermonate an den Vorabenden und Morgen von Sonn- und Feiertagen auf der Gallerie des St. Petersthurmes einige Stücke. Bis in unser Jahrhundert herein geschah dies täglich und zwar ohne Unterschied des Jahreszeit, jedoch des Sommers um drei Uhr früh und um neun Uhr Abends, im Winter dagegen um vier Uhr Morgens und acht Uhr Abends. Auch bei Hochzeiten bließen die Thürmer, während sich die Aufzüge der Kirche näherten. Daselbe geschah am Ostersonntag Mittags halb zwölf Uhr, während am Allerheiligen-Abende mit drei Posaunen und einem Horn eine Trauermusik ausgeführt wurde.

Wir stehen nun auf dem Rindermarkt. Derselbe lag ursprünglich an der Stadtmauer, die sich von der Fürstenfeldergasse, die Peterskirche südlich entlang bis um's Rathaus herum zog, bis sie unter Ludwig dem Bayer, um Bauplätze zu gewinnen, abgebrochen wurde. Der Name Rindermarkt kommt schon 1430 in Urkunden vor, was wohl jenen Hauseigenthümern unbekannt gewesen sein mag, in deren Ohr derselbe einen so üblen Klang hat, daß sie kürzlich um dessen Umwandlung in St. Petersgasse nachsuchten. Vordem hieß die breite Straße Wattmangergasse. Aud dem Rindermarkt besaß 1348 Ludwig der Brandengurger, des Kaiser Ludwig Sohn, ein Haus, da wo jetzt das dem Grafen Bray gehörige Haus Nr. 12 steht. Es wurde im vorigen Jahrhundert von Baron Ruffini vergrößert. Die heute mit Nr. 4, 5 und 6 bezeichneten Häuser des Glasermeisters Herrn Hildebrand, Gastgebers Preisinger und des kgl. Advokaten Rau erwarb 1580 Herzog Ferdinand, der Gemahl der Maria Pettenbeck und verband sie jmit dem Hause Nr. 4 in der Rosengasse, nun Eigenthum der Kaufmannswittwe Frau Pauline Gift, und baute dort eine Kapelle, von der anderwärts noch die Rede sein wird.

Dem besseren Fremdenverkehr in München genügte noch zu Anfang unsers Jahrhunderts das Reichsoberpostamt, das auf dem Rindermarkte seinen Sitz in dem Hause hatte, das nun mit Nr. 2 bezeichnet ist und dem Kaufmann Herrn Ben. Gautsch jun. gehört. Das gesamte Inventar bestand aus fünf Wagen, welche in Ketten hingen, und zwei Schlitten und blieb Jahrein Jahraus größtentheils an der Straße stehen. Eine Fahrt mit der Reichspost nach Wien kostete 18 fl. 40 kr. (32 M), nach Salzburg 5 fl 40 kr. (9 M. 71), nach Augsburg 2 fl. 30 kr. (4 M. 29), nach Landshut 3 fl. (5 M. 14). Die Preise stunden somit den heutigen Eisenbahntaren nach den sogenannten Orten ziemlich gleich. Wer von seinem Hause wegfahren wollte, hatte dafr ein Trinkgeld von  24 Kreuzern (69) zu entrichten.

Ursprünglich mögen in dieser breiten Straße wohl Viehmärkte gehalten worden sein, später aber traten an deren Stelle die vordem auf dem Anger stattgehabten Waarenmärkte, die während, während dem Anger nur der „Geschirrmarkt“ verbleib. Die Dulten dehnten sich vom Rindermarkte durch die Rosengasse, die ganz Kaufíngergasse entlang. Jede derselben dauerte eigentlich nur vierzehn Tage; man begann mit dem Aufschlagen der Verkaufsbuden, um nicht allzusehr eilen zu müssen, schon zwei Wochen früher und brauchte regelmäßig weitere vierzehn Tage zum Abschlagen und Wegschaffen derselben, so daß diese Straßen alljährlich zwei Monate hindurch für den genannten Zweck in Anspruch genommen waren. Uebrigens durften die beiden Dulten füglich als Volksfest betrachtet werden, da gleichzeitig im Tal wilde Thiere, Wachsfiguren und Aehnliches zur Schau gestellt waren und Seitänzer und Akrobaten sich zwischen der Herzog Maxburg und der Dreifaltigkeitskirche produzierten, wo die Stadtmauer die alte Kreuzgasse abschloß. Aber auch sonst war der Rindermarkt mit Verkaufsständen und Ständchen besetzt, in denen fette Gänse, Wildbret u. A. feilgeboten wurden. Hier durften auch die Bäcker aus der Au und Haidhausen mit Bewilligung

 

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