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München in guter alter Zeit

Drittes Kapitel - Im Graggenauer-Viertel.

ihrem Hause verkehrten auch die Herzöge Stephan und Wilhelm viel, und letzterm gebar die schöne Wirthstochter einen Sohn, Conrad von Egenhofen genannt, ihr Vater aber ward herzoglicher Zöllner in Wasserburg.

Vor ein paar Jahren hat nun auch die „Einschütt“. um die wohl Niemand klagen wird, der Hochbrückenstraße Platz gemacht. Ihren Namen hatte sie davon, daß es erlaubt war, allen Unrath in den durchfließenden Isarkanal zu schütten

So wären wir in's Thal gekommen.

Das Thal war die breiteste und wohl auch verkehrsreichste Straße Altmünchens und der älteste Anwachs an die Stadt Heinrichs des Löwen, von der sie durch das Thalbruckthor, den heutigen Raththurm, getrennt war.

Leider haben sich gerade in dieser Hauptgasse wenig Gebäude aus der ältesten Zeit Münchens erhalten, denn der große Brand von 1327 wüthete hier fürchterlich. Aelteren Geschichtsforschern galt übrigens das magistratische Haus Nr. 1 im Thal immer als Residenz Heinrich des Löwen, weil es an seiner Fassade ein altes Relief trägt, das eine entfente Aehnlichkeit mit einem Löwen hat. Aber abgesehen davon, daß dieses Steinbild wohl um vier Jahrhunderte jüngeren Datums als die Gründung der Stadt, ist es durchaus unwahrscheinlich, daß der Herzog außerhalb den Thoren der von ihm gegründeten Stadt residierte. Das lag nicht im Charakter jener Zeit. In den letzten Jahrhunderten ward das Haus vom Stadtoberrichter und Stadtsyndikus bewohnt, und bis in die letzte Zeit enthielt es in seinen oberen Stockwerken magistratische Bureaus, und im Erdgeschoß den sogenannten Leinwandkeller, in welchem, unseren Hausfrauen hochwillkommen, Leinen aller Art aus dem bayerischen Walde ec. zum Verkauf ausgelegt war.

Weiter das Thal hinab gehend gelangt man noch vor wenigen Jahren an einen offen quer über die Straße laufenden Isarkanal, über den die Hochbrücke und links und rechts davon kleine Stege führten.

Nordöstlich vom Isarufer erhob sich noch zu Anfang unseres Jahrhunderts an einem Vorsprung der inneren Stadtmauer hoch über die anderen längs dieser und der äußeren eingetheilten Thürme ein stattlicher viereckiger Thurm mit einem Satteldach und vier ausgeworfenen Thürmchen. Es war das Lueginsland, ein Warthurm, von dem man das Land weithinüberschaute und dessen Namen noch heut das dem Isarthor zunächst liegende Gäßchen trägt.

Das Isarthor mit seinem stattlichen Hauptthurm und seinen beiden Vorderthürmen gehört der Befestigung der erweiterten Stadt unter Ludwig dem Bayern (1314—15) an und hieß ursprünglich das untere, das Thal- oder Zollthor; doch kommt sein gegenwärtiger Name schon 1324 vor. Die Thürme waren mit Zinnen versehen und erhielten ihre heutigen, der gothischen Bauweise fremden Bekrönungen erst durch die von Fr. v. Gärtner 1833—1835 durchgeführte Restauration. Das heutige Gemälde am Hauptthurme trat an die Stelle eines solchen gleichen Inhalts von Hans Mielich aus dem XVI. Jahrhundert. In den Thürmen wohnten der Stadt-Zollner und andere Bedienste der Gemeinde.

Bekanntlich war es schon vor ein paar Jahren nahe daran, daß dieses schöne Thor, das allein noch das alte Barbakan-System erkennen läßt, der Neuerungssucht, die „mehr luft und Licht“ für die Stadt forderte, zum Opfer fiel.

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