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Die Bergung des Leichnams des heiligen Markus ist der Titel eines Gemäldes des venezianischen Malers Jacopo Tintoretto aus den Jahren 1562 bis 1566. Es hängt in den Gallerie dell’Accademia (Galerien der Akademie) in Venedig. Die nebenstehende Abbildung zeigt den Zustand des Werkes nach der Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgten Restaurierung, durch die ein übermalter Scheiterhaufen im Hintergrund wieder sichtbar gemacht wurde.
Im Jahr 1562 beauftragte Tommaso Rangone, Hochmeister der Scuola Grande di San Marco in Venedig, Jacopo Tintoretto, mit der Darstellung der Wunder des heiligen Markus für die Ausschmückung der Räumlichkeiten der Scuola. Neben der Bergung entstanden außerdem Die Auffindung des Leichnams des heiligen Markus (Pinacoteca di Brera, Mailand) sowie Die Rettung eines Sarazenen. Dass Markus und seine Wunder Thema der Gemälde sind, lässt sich durch seinen Status als Stadtpatron Venedigs und durch seine Funktion als Titelheiliger der Scuola begründen.
Die Bergung zeigt eine Episode der Legende vom Martyrium des Evangelisten Markus im heidnischen Alexandria im Jahre 62. Dargestellt ist der Moment, als die Christen während eines plötzlich aufkommenden Gewittersturms sich seines Leichnams bemächtigen, nachdem ihn die Heiden bereits auf den Scheiterhaufen gelegt hatten.
Im Vordergrund sieht man eine Gruppe von sieben Personen und ein Kamel, die sich auf einem weit in die Tiefe reichenden Platz befinden, der von Architektur umschlossen ist. Laut Legende befindet sich dieser Platz in Alexandria, er erinnert aber an den Markusplatz in Venedig und trägt auch die charakteristische venezianische Pflasterung aus Ziegelstein und istrischem Kalkstein.[2] Es handelt sich um eine, dem Markusplatz nachempfundene Phantasiearchitektur: Der heidnische Tempel im Hintergrund ist eine überhöhte und ausgeschmückte Abwandlung der 1807 abgerissenen Kirche San Geminiano und der Palast links eine Mischung aus den Alten Prokuratien und der Biblioteca Marciana.[3] Links im Mittelgrund flüchten Menschen in hellen Gewändern in die Arkaden des Palastes, um sich vor dem Gewitter zu schützen. An der Stirnseite des Platzes sieht man frontal den Tempel, vor dem ein großer Reisighaufen zu erkennen ist. Über den weißen Gebäuden hebt sich kontrastreich ein tief dunkler, von Wolken besetzter und Blitzen durchzuckter Himmel ab, der von leicht Rosa bis hin zu Blutrot gefärbt ist.
Die Personen rechts im Vordergrund, die den leblosen Körper des heiligen Markus tragen, sind die Christen, die den Heiligen forttragen, um ihn beizusetzen. Der Leib des Toten bildet eine diagonale Achse, so dass der Eindruck entsteht, dass die Personen sich mit ihrer Last aus dem Bild hinausbewegen. Links neben ihnen erkennt man zwei am Boden liegende Personen, von denen die eine den Zügel des Kamels, die andere ein großes Tuch festhält. Zügel und Tuch bilden Parallelen zu den Fluchtlinien der Architektur; das links aus dem Bild wehende Tuch betont die Achse der Flüchtenden und verstärkt deren Bewegung in Windeseile. Der gestürzte Kameltreiber erinnert an die Todesart des Märtyrers.
Die Bildthematik entspricht in ihrer Ausführung der Legenda Aurea. Dort wird beschrieben, wie Markus, der Evangelist, an einem Seil zu Tode geschleift wurde. Kurz darauf folgt eine Passage, die das Bildgeschehen in Tintorettos Gemälde treffend beschreibt:«Nun wollten die Heiden ihn verbrennen. Aber siehe, da rauschte es in den Lüften, und fuhr Hagel hernieder, und rollten die Donner und zuckten die Blitze, also dass jedermann zu entrinnen trachtete, und ließen den heiligen Leib unversehrt liegen. Da nahmen ihn die Christen und bestatten ihn in der Kirche mit großer Würdigkeit»