Münchner Sagen & Geschichten

Die Gründung der Stadt München und deren Aufkommen. 1157

Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)


Groß war in alter Zeit die Macht und Herrlichkeit des Hochstiftes Freising, und seine Bischöfe waren eifrig, dessen Ansehen und Gebiet zu vergrößern.

Der deutsche König Ludwig das Kind hatte am 30. September 903 dem Bischofe Walto den königlichen Weiler Vöhring an der Isar als Beisteuer zum Wiederaufbaue des erst kurz zuvor durch Brand zerstörten Domes zu Freising geschenkt. Dahin setzte Bischof Otto im Jahr 1140 Salzniederlage und Zoll, um sich alle Frachten des inneren Handels von Bayern, besonders die Salzfuhren, die von Reichenhall nach Franken, Schwaben und Burgund gingen, zinsbar zu machen.

Herzog Heinrich der Löwe aber, welcher in Folge des mit dem Herzoge Heinrich Jasomitgott im Jahre 1156 abgeschlossenen Vergleiches am 8. September desselben Jahres von Kaiser Friedrich dem Rothbart mit dem Herzogthume Bayern belehnt worden war, war nicht gewillt, 

sich durch diese Beschränkungen von Seite des Bischofes Otto in seinem eigenen Gebiete beengen zu lassen, und überfiel endlich nach fruchtlosen Streitigkeiten und Unterhandlungen im Anfange des Jahres im Anfange des Jahres 1157 den reichen und blühenden Markt Vöhring und zerstörte dort das bischöfliche Schloß, die Münzstätte und die Isarbrücke.

Da lag eine Stunde oberhalb Vöhring an der Isar eine waldige Gegend, in der Nähe einer später unter dem Namen „Konradshof” vorkommenden Besitzung des Kloster Schäftlarn. Diese Gegend erschien dem Herzoge Heinrich dem Löwen passend zur Anlage seiner neuen Salzniederlage, denn es führte bereits seitwärts von der Reichenhallerstrasse her eine Nebenstrasse nach dem uralten Dorfe Haidhausen, welches schon im Jahre 808 als „Heidhusir” urkundlich vorkömmt, und von da aus über die Isar zig wahrscheinlich bereits eine weitere Strasse nach Sendling (ad Sentilingas urkundlich schon im Jahre 782) und nach Schwabing (Suuapinga, 782). Keine Nachricht, keine Spur aber deutet darauf hin, daß zu jener Zeit an diesem Platze schon eine Ortschaft bestand; sondern vermuthlich lagen hier einzelne Zellen von Mönchen, welche sich vor den Verheerungen der Ungarn in diese Wildnis geflüchtet hatten, oder es besaßen hier etwa die Mönche einen Hof oder ein Hospitium, daher man diese Gegend lediglich mit dem Namen „bei den Mönchen”, — Munichen — bezeichnete.

Hierher nun verlegte Herzog Heinrich der Löwe noch im desselben Jahre 1157 die neue Salzniederlage sammt Münzstätte und Zoll, und baute eine Brücke über die Isar.

Der Beschwerden und Einwendungen des Bischofs Otto ungeachtet bestättigte Kaiser Friedrich durch Urkunde vom 14. Juni 1158 die Gewalthat des Löwen, und diese Urkunde ist es, in welcher zuerst der Name „Munichen” erscheint.

In Folge der obwaltenden Verhältnissse und der Art feines Entstehens muß dieser neue Ort München wunderbar schnell angewachsen sein und sich vergrößert haben. Es kamen nämlich mit dem Salzzoll, der Maut und der Münze eine Menge Beamte und Münzarbeiter dahin. Zum Schutz aber der neuen Anlage war eine hinreichende bewaffnete Mannschaft nothwendig, um einem von Seiten Freisings zu befüchtenden Ueberfall kräftig zu begegnen; denn namentlich boten Bischof Adalbert I und Otto II Alles auf, um die neue Anlage zu vernichten, ja Leßtere baue sogar eine Trutzburg, - die Ottenburg genannt, - um die Züge zu überfallen, die auf dem linken Isarufer den Weg nach München suchten, und dadurch die Hadelsleute zu zwingen, auf dem rechten hohen Isarufer den Weg nach Freising zu nehmen. Daher war die schleunigste Anlegung von Wällen, Gräben und Thoren nothwendig, welche eine Menge von Arbeitern erforderte. Alle diese in Masse herbeigezogenen Menschen machten wider eine große Anzahl von Hadwerksleuten und Gewerbetreibenden jeder Art, sowohl zur Errichtung von Wohnungen als zur Beschaffung der Nahrung, der anderweitigen Bedürfnisse des Lebens und selbst auch des Luxus nöthig; es zogen selbst Handelsleute hierher, denn die der jungen Stadt verliehenen Marktfreiheit lockte viele gewerbslustige Ansiedler, und die große Salzstrasse von Reichenhall, die Geleitstrasse von Augsburg, und der italienische Handelsweg über Innsbruck und Rosenheim begünstigten Handel und Wandel und reichlichen Umsatz von Waaren aller Art. In der That sehen wir schon gegen Ende des zwölften Jahrhunderts, sohin nach noch nicht füntzigjährigem Bestehen der jungen Stadt, daselbst einen Handel mit Tuch, Leder, Eisen, Kupfer, Silber, Wein, insbesonders mit Salz, sehr im Schwunge. Diese neue Einwohnerschaft Münchens bestand natürlich zunächst aus Landleuten, die nicht nur aus der nächsten Umgebung, sondern selbst aus weiterer Entfernung in die Stadt hinein zogen. Denn es bestand damals allenthalben ein großer Zudrang vom Lande in die Städte. Die Unfreiheit nämlich und die Dienstbarkeit des Landbewohners unter seinen Grundherrn beengte und verkümmerte ihn auf jegliche Weise; hingegen erwarb er in den Städten, so auch in München, Stadtrecht, daß kein Unfreier, der Jahr und Tag ohne Forderung seines Herrn in der Stadt gelebt hatte, mehr zurückgefordert werden durfte. Auch gab die Stadt mancherlei Gelegenheit zum Verdienste, zum Handwerk und Verkehr, wie ihn das offene Land nicht bot. Ja selbst viele Adeliche verlegten ihren Wohnsitz in die Städte, wenn sie dabei größeren Vortheil erblickten. In Folge dieser Einwanderung vom Lande her begegnen wir schon in der allernächsten Zeit nach Gründung der Stadt dahin deutende Namen der Einwohner, als: Sentlinger, Freimanner, Auer, Mamminger, Schongauer und dergl. Die ersten Namen aber von Münchener Bürgern, die urkundlich vorkommen, sind: Ortlof, der Stadtbaumeister, 

Wernher, ein Wechsler, Wernhard, Münzer, Wernher, Zöllner, Engilschalk, Münzer, ein Konrad von Schongau.

Ein weitere Nothwendigkeit dieser raschen Vergrößerung der Stadt war schon in den ersten Jahren die daraus entspringende Obfolge für Aufstellung der benöthigten Richter und Geistlichkeit. Noch Heinrich der Löwe hatte daselbst einen eigenen Richter, Namens Heinrich, bestellt, welchem zwölft Schöffen beigegeben waren, die ihm "das Urtheil finden sollten"; im Jahr 1164, - also kaum sechs Jahre nach Gründung der Stadt, kommt urkundlich schon ein Heribert, Dechant von München, und ferner im Jahre 1236 ein "Thunrad von Illmünster, Kanonikus und Schulmeister" vor, welcher von den freien Gaben der Aeltern der schulbesuchenden Kinder und von den Erträgnissen der Kirche lebte. Es bestand daher bereits eine Pfarrkirche und eine Schule.

Die alte Stadt war schon von Heinrich dem Löwen, wie wir bereits erwähnt haben, mit Wällen und Gräben umgeben worden und hatte vier Hauptthore, welche die jetzt noch bestehenden vier Hauptstrassen abschließen, nämlich das Thalbruckthor (jetzige Rathhausthurm), das Schwabingerthor (bei dem gegenwärtigen kgl. Polizeigebäude in der Weinstrasse), das obere oder Thufringerthor (später schöne Thurm genannt, in der Kaufingerase), und das Sendlingerthor (später Ruffinithurm genannt, bei dem sogenannten Ruffinihause am Eingange der Sendlingergasse). Diese ursprüngliche Altstadt Münchens ist gegenwärtig noch kennbar an dem noch vorhandenen inneren Stadtgraben.

Wernher, ein Wechsler, Wernhard, Münzer, Wernher, Zöllner, Engilschalk, Münzer, ein Konrad von Schongau.

Ein weitere Nothwendigkeit dieser raschen Vergrößerung der Stadt war schon in den ersten Jahren die daraus entspringende Obfolge für Aufstellung der benöthigten Richter und Geistlichkeit. Noch Heinrich der Löwe hatte daselbst einen eigenen Richter, Namens Heinrich, bestellt, welchem zwölft Schöffen beigegeben waren, die ihm "das Urtheil finden sollten"; im Jahr 1164, - also kaum sechs Jahre nach Gründung der Stadt, kommt urkundlich schon ein Heribert, Dechant von München, und ferner im Jahre 1236 ein "Thunrad von Illmünster, Kanonikus und Schulmeister" vor, welcher von den freien Gaben der Aeltern der schulbesuchenden Kinder und von den Erträgnissen der Kirche lebte. Es bestand daher bereits eine Pfarrkirche und eine Schule.

Die alte Stadt war schon von Heinrich dem Löwen, wie wir bereits erwähnt haben, mit Wällen und Gräben umgeben worden und hatte vier Hauptthore, welche die jetzt noch bestehenden vier Hauptstrassen abschließen, nämlich das Thalbruckthor (jetzige Rathhausthurm), das Schwabingerthor (bei dem gegenwärtigen kgl. Polizeigebäude in der Weinstrasse), das obere oder Thufringerthor (später schöne Thurm genannt, in der Kaufingerase), und das Sendlingerthor (später Ruffinithurm genannt, bei dem sogenannten Ruffinihause am Eingange der Sendlingergasse). Diese ursprüngliche Altstadt Münchens ist gegenwärtig noch kennbar an dem noch vorhandenen inneren Stadtgraben.

ins heilige Land einen großen Theil seines Vermögens dem heil. Geistspital vermacht, ist wohl ein Stadtthor mit einem darüber schwebenden Vogel, aber noch keine Stadtmauer angebracht, während hingegen auf einem späteren Siegel von 1313, also zu einer Zeit, wo die äußeren Stadtmauern bereits bestanden, neben dem Thore schon eine Stadtmauer angebracht erscheint.

Weiters sprechen mehrere Urkunden von Häusern, welche an dem Graben gelegen waren, keine aber von einem Hause, welches an der Stadtmauer lag; so z.B. in einer Urkunde vom Jahre 1289, befindlich im Stadtarchive, ertheilt der Rath und die Gemeinde München dem Abte Volkmar aus dem Convente, des Klosters Fürstenfeld, "besonderlich dem Hof und Hofmarch zu St. Bernhard, der da leit an dem niedern Graben bei Sendlingerthor in St. Petersparr," mehrere gewisse Freiheiten. Dieser Hof lag in der Fürstenfeldergasse und ist der sogenannte Fürstenfelderhof. Mehrere Häuser befinden sich noch gegenwärtig auf den alten Wällen und an den alten Gräben gebaut, keines aber existiert, welches auf einer alten Stadtmauer später erbaut worden wäre. Nirgends finden sich in der Nähe der innern Gräben und Wälle Reste und Ueberbleibsel einer alten Stadtmauer, welche, wenn je eine solche bestanden wäre, bei Ausgrabungen und Neubauten zum Vorschein kommen müßten, denn es ist nicht wohl denkbar, daß bei einer ehemaligen Niederlegung solcher Mauern dieselben bis auf den letzten Stein des Grundes gänzlich aus der Erde herausgerissen worden sein sollten.

Man darf daher als gewiß annehmen, daß die alter Stadt München Heinrichs des Löwen nicht mit Mauern 

umgeben war. Es waren auch wohl Wälle und Gräben zur Sicherstellung gegen plötzliche Ueberfälle und Angriffe von der Hand hinreichend.

Bald aber war München bei der raschen Zunahme seiner Bevölkerung nicht mehr das alte, sondern hatte sich weit über seine anfänglichen Gränzen ausgedehnt. Es war noch kein Jahrhundert nach der Gründung der Stadt verflossen, so waren schon die meisten der außerhalb der alten vier Thore gelegenen Strassen entstanden und werden urkundlich genannt, z.B. die hintere und vordere Schwabingergasse, die Neuhausergasse, die Sendlingergasse, das Thal, die Prandasgasse und so mehrere; außerdem lagen die Klöster der Franziskaner, das zu St. Jakob am Anger, das Augustinerkloster und das von Herzog Ludwig I im Jahre 1204 erbaute Pilgerhaus für arme Pilger, aus welchem durch Herzog Otto dem Erlauchten im Jahre 1251 das heil. Geistspital sammt der Katharinenkirche entstand, außer der damaligen Stadt. Bisher hatten sich die früheren Herzoge, die Nachfolger Heinrichs des Löwen, nämlich Otto der Große, Ludwig IV und Otto der Erlauchte bis Ludwig dem Strengen nicht viel um die Stadt München bekümmert, da sie ihre Residenz meistens in Kelheim oder in Landshut hatten. Erst nach der im Jahre 1255 unter den bayerischen Herzogen geschehenen ersten unseligen Landestheilung, dem Anfange der nun folgenden mehrmaligen Zersplitterung der bayerischen Lande, in Folge deren Herzog Ludwig der Stenge mit der Stadt Landshut auch die  allda befindliche Residenz verlor, mußte derselbe sich eine neue Residenzstadt wählen, und dazu war ihrer ganzen Lage und ihrer Größe nach 

keine schicklicher, als München. Dorthin baute er auch sogleich noch im nämlichen oder während der beiden nächstfolgenden Jahre sein Schloß, später genannt die "alte Veste" oder der "alter Hof". Dieser war die erste Residenz in München; alle Erzählungen von einer früheren schon bestandenen Residenz Heinrichs des Löwen im ehemaligen Stadtrichterhause (später Leinwandkeller) im Thale oder in der Fürstenfeldergasse sind unerwiesene Sagen und Muthmassungen.

Nun aber entstand dadurch die Nothwendigkeit, die erweiterte Stadt mit neuen Gräben und mit einer Stadtmauer zu umgeben. Solches wurde auch alsbald begonnen, indem schon in einer im kgl. Reichsarchive befindlichen Urkunde vom 21. September 1287 das Kloster des heil. Jakob vom Orden der heil. Klara am Anger als „innerhalb der Mauern der Stadt gelegen“ bezeichnet wird. Im Jahre 1301 verlieh Herzog Rudolf der Stadt zur besseren Fortsetzung des Baues der Stadtmauern das Ungelt bei dem obern und untern Thore, und unter Kaiser Ludwig dem Bayer sehen wir im Jahre 1315 die Stadtmauern vollkommen hergestellt und vollendet, denn in diesem Jahre ertheilte dieser Kaiser der Stadt die Freiheit, alles, was diesen Stadtmauern inner= oder außerhalb zu nahe ist, abzubrechen. Dieser Umfang mit seinen Gräben, Mauern und Thoren, den man jetzt gewöhnlich mit dem Namen der „Altstadt“ bezeichnet, behielt München bis zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts, und erst in unserer Zeit sind die Wälle und Stadtmauern Kaiser Ludwigs größtentheils in Folge der Erweiterung der Vorstädte gefallen.

Wie aber war das Bild und die Ansicht der innern Stadt zu damaliger Zeit?

München befand sich im 13. Und 14. Jahrhunderte noch in sehr primitvem Zustande, und sah eher einem Dorfe als einer Stadt gleich. Die Häuser waren mit sehr wenigen Ausnahmen alle von Balken, Holz und Lehm erbaut und mit Schindeln eingedeckt, neben ihnen gegen die Strasse heraus Scheunen voll Stroh und Heu, Schupfen, Ställe, Läden, „Fürschuß“ , an denselben überdieß Lauben (Altanen), Freitreppen und Vordächer angebracht. Da Jeder nach eigenem hohen Belieben baute, so waren die Strassen krumm, eng und winkelig, wozu noch der Uebelstand kam, daß durch die sogenannten Kellerhälse und offenen Kellerfenster der Weg für die Fußgänger, der nur aus einem an den Häusern laufenden drei Schuh breiten Fußpfade von Ziegelsteinen, das „rothe Pflaster“ genannt, bestand, unsicher und selbst gefährlich wurde. Die Strassen der Stadt waren ungepflastert, und überdieß befanden sich vor den Häusern Misthaufen und Düngerstätten. Von einer Strassenbeleuchtung war noch gar keine Rede; wer zur Nachtszeit auf der Strasse ging, mußte eine Laterne bei sich tragen. Wir sehen also wirklich das Bild eines Dorfes, nicht aber einer Stadt vor uns.

Bei solch einem Zustande aber mußten Brände sehr verheerend werden, und es wüthete auch wirklich wohl in keiner anderen Stadt das Feuer, oft geschürt durch Mordbrenner, heftiger, als in München. In der Valentinsnacht – vom 13. Auf 14. Februar – 1327 brach in der Pfisterei des Angerklosters ein Brand aus, welcher sich über den Sebastiansplatz, das Kroten=und Rosenthal, den Rindermarkt, Pfarrgebäude und Kirche von St. Peter, das ganze Thal, das heil. Geistspital und Katharinenkirche, die Lederergasse, die Graggenau (Platzl), die Burggasse, die Residenz des alten Hofes und das Franziskanerkloster verbreitete, so daß sohin der größte Theil der Stadt niederbrannte. Ungeachtet dieser schrecklichen Warnung wurden die neuen Häuser wieder von Holz erbaut und mit Schindel eingedeckt, so daß Kaiser Ludwig sich veranlaßt sah, in einer Urkunde vom Himmelfahrtstage (8. Mai) 1342 im Einverständnisse mit dem Stadtrathe anzubefehlen, daß die neu zu erbauenden Häuser künftig mit Ziegeln gedeckt und wo möglich von Stein erbaut werden sollten. Zu gleichen Zeit sorgte der Magistrat auch dafür, daß anstatt der bisherigen schlechten und theuren Ziegel, deren Fabrikation auf einer sehr niedern Stufe stand, besseres Ziegelmaterial verfertigt werde. Aber erst langsam nach dieser Zeit und nur nach und nach verschwanden die hölzernen Häuser und machten steinernen Platz. Im Jahre 1418 brannte das mit zwei Holzdäraggenau nieder; selbst die Thore und die hölzernen Wehrgänge der Stadtmauern wurden vom Feuer ergriffen; dessen ungeachtet aber ließ der Magistrat das Rathhaus wieder neuerdings mit Schindeln decken. Mondtag nach Georgi 1429 entstand an der Kreuzstrasse, - dem heutigen Promenadeplatz, - ein Brand, welcher die enge Gasse (die heutige weite Gasse), das Augustinerkloster und Kirche bis zum Neuhauserthore ergriff und über hundert Häuser verzehrte. Im Jahre 1434 entstand ein Feuer, durch Mordbrenner gelegt, in der Prandas= (Pranners=) Strasse 

und verbreitete sich durch die Promenadestrasse und Platz über die Neuhauser= und Röhrenspeckerstrasse (heutige Herzogspitalgasse).

Kaiser Ludwig der Bayer war es, welchem die Stadt München hauptsächlich ihr Aufblühen verdankt. Dieser große Kaiser hatte die prächtigen Städte Italiens und am Rhein gesehen, und sein gewaltiger Geist beschloß daher, auch seine Residensstadt München zu verschönern. Duch seine vorhin angeführte Bauordnung vom Jahre 1342 wurde zuerst das Bauwesen zweckmäßiger organisirt. Die Strassen, besonders die von ihm neuangelegten, wurden nach Baulinien geführ und erhielten mehr Breite, wie man noch zum Unterschiede von den alten Strassen an dem späteren, z. B. Herzog= und Josephspitalgasse, Hreusgasse, Prannersgasse, Lederergasse u. dergl. ersehen kann. Plätze und Strassen durften nicht mehr durch Gebäude, Hütten und Buden verengt werden; namentlich richete der Kaiser sein Augenwerk auf den Marktplatz, den er schon im Jahre 1315 zu räumen und die dort befindlichen Fleischbänke, Kramladen und Hütten abzubrechen befahl und verbot, daß irgend Jemand weiter auf diesem Platz bauen soll, auf „daß der Platz desto luftsamer, schöner und gemachsamer sei Herrn, Bürger und Gästen“. Er ordnete ferner an, daß alle lärmenden oder übelriechenden Gewerbe eigene Gassen entstanden, die heut zu Tage noch solche Namen führen, welche ihre frühere Bestimmung bezeichnen, z.B. die Lederergasse, der Färbergraben, die Schäfflergasse, Windenmachergasse, 

und so mehrere, welche alle damals in der äußern Stadt lagen.

Troßdem scheint aber die Ausführung dieser wohlthätigen Anordnungen sehr lässig betrieben worden oder bald wieder in Vergessenheit gekommen zu sein, denn der Stadtrath erließ im Jahr 1370 eine neuerliche Bauverordnung, in welcher er die früheren Anordnungen wiederholt einschärfte, und namentlich die Häuser bezeichnete, welche innerhalb eines bestimmten Termines zurückgesetzt oder in die Linie vorgebaut werden sollen, an denen die Lauben (Gallerien) abgebrochen, die außerhalb der Häuser angebrachten Treppen anders geführt und Stufen weggenommen werden mußten; er befahl die hervorstehenden Dächer abzubrechen und dafür andere zu setzen, er duldete die Kellerhälse an den Strassen nicht mehr, und gestattete dafür Kellerfenster mit eisernen Stäben verwahrt. Er gebot, daß die Häuserkünftig „nach der Schnur gezogen“, das heißt, in einer Linie gebaut werden sollen. Welcher Bürger solches bis nächsten Sonnenwendtag (24. Juni) nicht gethan, dem wurden von der Stadt wegen Werkleute geschickt, die auf seine Kosten die gerügten Mängel und Anordnungen abthun mußten.

So bekam München nach und nach ein schöneres und mehr städtisches Ansehen.

Gegen Ende des vierzehnten Jahrhundertes wurde auch begonnen die Strassen der Stadt zu Pflastern; denn am 4. August 1394 erließen die beiden Herzoge Johann und Ernst eine Urkunde, in welcher sie der Stadt die Erhebung eines Pflasterzolles zur Herstellung und Unterhaltung des Strassenpflasters bewilligten, und solle derselbe 

so lange dauern, bis das Pflastser in München vollendet sein wird und seine Kosten ersetzt sind. Im Jahre 1430 wurde dieser Pflasterzoll von den Herzogen Ernst und Wilhelm neuerdings bestätigt. WAS ABER DIE Reinigung Der Strassen betrifft, so war es mit dieser noch herzlich schlecht bestellt. Nur an den höchsten Festtagen, Ostern, Pfingsten und Weihnachten oder bei der Dult wurden die Strassen gereiniget und Mist entfernt. In den Jahren 1425 und 1441, in welch letzterem der deutsche König Friedrich III nach München kommen sollte, mußte der Magistrat die Bürgerschaft förmlich und ernstlichst unter Androhung von Straße auffordern, die Strassen vom Miste zu säubern, und gleiches geschah, als die junge Gemahling Herzog Albrechts, Anna von Braunschweig, nach ihrer Vermählung im Jahre 1436 in München einzog.

Ungeachtet aller dieser Mißstände, die unseren heutigen Begriffen von dem Aussehen einer Haupt- und Residenzstadt ganz fremdartig erscheine, wurde damals München schon eine „schöne Stadt“ genannt. Freilich lesen wir von dem damaligen Zustande der Städte Paris und London auch nichts besseres und erfreulicheres. Aber in der That muß in jener Zeit München, und namentlich der Marktplatz, ein belebter Bild des regsten Lebens gezeigt haben. Im Mittelpunkt der Stadt und der vier dieselbe durchkreuzenden Hauptstrassen gelegen, concentrirte sich auf diesem Platze aller Verkehr und as ganze öffentliche Leben der Stadt. Das Rechts- oder Dinghaus stand am obern Theile des Platzes, dem noch bestehenden Hause mit dem Lindwurm (Wurmeck) gegenüber, und von da aus gingen die gerichtlichen Ladungen auf ein Taiding (Rechtsspruch), 

welches an einem bestimmten Tage auf öffentlicher Gerichtsschranne gehalten wurde, woher dieser Platz den Namen Schrannenplatz bekam, und auch der Getreidemarkt, der unter den Bögen abgehalten wurde, den Namen Schranne später erhielt. Im Erdgeschoß des Rechthauses befanden sich Kaufläden und Brodbäke. An diese schloß sich die Gollierkirche an, welche da stand, wo jetzt die Mariensäule sich befindet. Auf der linken Seite des Platzes lag das Haus der Patrizierfamilie Impler, welches von dem Magistrate angekauft und zur städtischen Trinkstube eingerichtet wurde, „der Stadt zu Ehren, daß ehrbar Leut, Gäst und Burger daselbst zu Kurzweil zusammenkommen mögen, wann sie wollen ihren Pfenning vertrinken“. Am untern Theile des Platzes stand das Rathhaus, „meiner Herrn der Bürger Hofstatt“, wie es der Stadtschreiber Tänzel in dem Statutenbuch von 1365 nennt, und die Häuser links und rechts des Platzes htten damals schon die noch jetzt  bestehenden offenen Bögen. Am Marktplatze selbst war der Lebensmittelverkauf, zu welchem die Landleute der umliegenden Ortschaften heinkamen.*) – Auf diesem Platze versammelten sich Sonntags 

nach dem Gottesdienste die Bürger und die Gesellen im Sonntagsstaate, sich in Gesprächen ergehend, ihre häuslichen oder der Stadt Angelegenheiten besprechend, Geschäfte beredend und schließend, oder auch nur im Austausche von Neuigkeiten;  hier fanden die öffentlichen Festlichkeiten und Volksbelustigungen statt, z.B. die Turniere des Adels, das Sonnwendfeuer am St. Johannestage, bei welchem die jungen Leute über das Feuer sprangen, und Andere, ja selbst die Herzoge, mit den Frauen und Töchtern um dasselbe tanzten, ferner die Festzüge und Feierlichkeiten der Zünfte, und die Belustigungen durch herumziehende Gaukler, Schalksnarren und Pritschmeister.

Zum Gedeihen der Stadt gehörte aber auch notwendig die innere Entwickelung und feste Regelung ihrer Verfassung.

Wie wir schon oben erzählt haben, kömmt bereits in der ersten Zeit nach Entstehung Münchens urkundlich ein Richter vor, und es bildeten sich auch forwährend die obrigkeitlichen Verhältnisse immer mehr aus. Der Richter, der Kastner (Rentbeamte) und der Vizedom waren aber lediglich herzogliche Beamte; sie wurden von den Herzogen eingesetzt und die Gerichtsbarkeit, sowie die Verwaltung der Stadt war also eine herzogliche. Als aber Ludwig der Strenge im Sommer 1255 seine Residenz nach München verlegte, gewann das Bürgerthum dieser Stadt ein regeres 

Leben, und sie fühlten den instinktmäßigen Trieb in sich, auf eine höhere Stufe der Selbstständigkeit und der Kraft sich aufzuschwingen. Die ersten Anfänge dieses Strebens zeigten sich bei den Bürgern in einer näheren Verbindung unter sich durch Gewerbsinnungen. Diese Zunfverbände wurden von den Fürsten möglichst begünstiget, denn sie erblickten darin nicht nur einen höhern Gewerbsaufschwung und Wohlstand ihrer Bürger, sonder insbesondere auch in ihnen einen wohlthätigen Damm gegen die Macht und die Anmassungen des Adels und der Ritterschaft. Die Fürsten ertheilten daher den Bürgern immer mehr Gerchtsame und Freiheiten, wodurch zwar die Rechte der Bürger mehr ausgedehnt, die Rechte der Fürsten aber sehr beschränkt wurden.

Was aber bisher nur fürstliche Gnade war, erhielt durch Herzog Rudolf eine feste und bleibende Gestaltung, und damit die Stadt München eine Förmliche magistratische Verfassung. Herzog Rudolf ertheilte nämlich am „nächsten Sonntag von St. Johannistag zu Sonnwende 1294“ (18. Juni) der Stadt den sogenannten Privilegienbrief, welcher im Originale noch gegenwärtig im Stadtarchive aufbewahrt wird.  In dieser Urkunde ertheilt Herzog Rudolf den Münchenern das Recht, sich selbst einen Richter und Verwaltungsbeamte zu setzen, und ihre inneren Angelegenheiten und ihre Steuern selbst zu ordnen; der Stadt wurde sowohl die Zivil- als Kriminal- Gerichtsbarkeit mit alleiniger Ausnahme des Todschlages überlassen, und dazu noch mehrere gesetzliche Bestimmungen gegeben. Zugleich erhielten die Bürger die freie Rathswahl.

In Folge dessen steht von nun an an der Spitze des Stadtregimentes der innere Rath der Geschworenen, bestehend aus zwölf der einsichtsvollsten und angesehensten Männer „aus aller Stadt“. Dieser Rath wurde jährlich neu gewählt und von den Herzogen bestätiget, und er mußte dem Herzoge Treue schwören. Hiezu kam der äußere Rath, bestehend aus vier und zwanzig Bürgern, welche dem innern Rathe schwören mußten. Der innere und äußere Rath gestellten zugleich  zwei Redner aus ihrer Mitte, welche die Vorträge halten mußten. Alle diese Aemter und Würden waren mit keinem Gehalte verbunden, sondern waren Ehrenämter, die überdies mit viel Zeitaufwande, Kosten und Auslagen, welche die Rathsherrn aus ihrem eigenen Säckel zu bestreiten hatten, verbunden waren.

Der erste urkundlich bekannte Stadtoberrichter war Albrecht Muracher.

Das Recht der Fürsten war hiedurch freilich nur mehr auf ihre fürstliche Burg beschränkt; die Stadt aber erhielt diese errungenen Freiheiten mit aller Kraft aufrecht, selbst gegen die Herzoge, welche bei ihrem Regierungsantritte jederzeit der Stadt Freiheiten mit einem neuen Freiheitsbriefe bestätigen mußten, bevor ihnen von der  Bürgerschaft der Eid der Treue geleistet wurde. Kaiser Ludwig war der erste, welcher im Jahre 1315 den Münchenern alle ihre Freiheiten bestätigte, und allen Bisthunen, Richtern und Amtleuten gebot, „daß sie den Bürgern von München volles und unverzüliches Recht thun über all ihre Gelder und alle ihre andern Sachen, was sie nur immer zu klagen haben“.

Volle fünf Jahrhunderte, bis zu Anfang des gegenwärtigen, blieb diese Verfassung des Stadtregimentes in ihren Grundzügen in Wirksamkeit.

Dieser errungenen Freiheit der innern Bewegung und Verwaltung aber, der Weisheit ihrer Räthe, dem festen Zusammenwirken und der Einträchtigkeit der Bürgerschaft hat die Stadt München ihr rasches Aufblühen und ihre Wohlhabenheit zu danken.

Besonders war es der Handel, der im Mittelalter in München einen großen Aufschwung nahm, ohne daß es eigentlich eine Handelsstadt in unserm heutigen Sinne zu nennen war. Die levantischen und überhaupt südlichen Waaren und Güter aller Art, besonders in Seidenstoffen und edle Gewürzen, nahmen den Handelsweg aus Italien über Innsbruck und Mittenwald, oder über Tölz nach München, von wo aus sie entweder über Augsburg nach Nürnberg, oder über Regensburg nach Wien geführtwurden. Schon Kaiser Ludwig suchte diesen Handel mit Italien auf jede Weise zu begünstigen, und er bewilligte daher durch Urkunde, gegeben am Samstag vor St. Jakobstag 1323 den Bürgern Münchens und Nürnbergs gegenseitigen Zollfreien Handel mit Kaufmannsgütern zu Wasser und zu Land. Welcher Münchener- oder Nürnberger- Bürger jährlich zuerst nach St. Michaelstag in jenseitiger Stadt mit Kaufmannsgütern ankommen würde, mußte daselbst dem Zöllner ein Pfund Pfeffer, zwei paar weiße Handschuhe und ein weißes Stäbchen zum Geschenke geben. Ein ähnlicher Vertrag wurde von der Stadt München sechs Tage vor Maria Geburt 1325 bezüglich des Handels mit den Regensburger Bürgern abgeschlossen.

Wie ausgebreitet der Handel Münchens damals war, geht daraus hervor, daß Balduin, Erzbischof und Kurfürst von Trier, im Jahre 1339 den Münchener eine Urkunde gab, worin er dieselben, gleich denen von Nürnberg, von allen Zöllen und abgaben im Kurfürstenthume Trier befreite.

Ein weiteres Beförderungsmittel des Handels war auch das Pfändungsrecht,  das Kaiser Ludwig den Münchenern verlieh und das darin bestand, daß die Bürger Münchens von keinem landesherrlichen Richter im Namen der Herrschaft gepfändet werden durften, die Bürger selbst aber ausstehende Schulden durch den Pfändermeister mittelst Pfändens einholen lassen konnten.

In Folge mehrerer solcher Verordnungen nahm der Reichthum und die Bevölkerung der Stadt bedeutend zu. Wir kennen zwar nicht die Volkszahl Münchens in den frühesten Jahrhunderten; allein nach der Steuerrechnung vom Jahre 1412 hatte München 2125 Steuerpflichtige, also immer beiläufig 10,000 Einwohner. Die erste bekannte Volkszählung geschah  im Jahre 1580, und diese wie 20,000 Einwohner nach.

München aber verlor, gleichwie viele andere Städte, seinen bedeutenden Handel, als am Anfange des sechzehnten Jahrhundertes in Folge der Entdeckung von Amerika und des Weges um das Vorgebirge der guten Hoffnung der Welthandel eine andere Richtung nahm; allein der Bestand Münchens war zu dieser Zeit bereits fest gegründet, und die Stadt erhielt für den Verlust des Handels dadurch wieder Ersatz, daß sie in Folge des von Herzog Albrecht IV gestifteten Rechtes der Untheilbarkeit 

Bayerns und der Erstgeburt in der Thronfolge im Jahre 1507 alleinige Residenzstadt von Bayern wurde.

Am Schlusse dieses Abschnittes dürfte es geeignet sein, das Münzwesen des vierzehnten Jahrhundertes mit wenigen Worten zu berühren, da die damalige Rechnungsweise eine von der unseren verschiedenen ist. Man zählte und rechnete nach Pfunden, Schillingen und Pfennigen. Ein Silberpfund enthielt acht Schillinge, und ein Schilling dreizig Pfennige oder Denarien, sohin ein Pfund 240 Pfenninge. Der Werth des Geldes aber änderte sich häufig nach dem verschiedenen Gehalte der Pfenninge; durchschnittlich darf man den Wertz eines Pfundes Pfenninge auf 12-16 Gulden heutigen Geldes annehmen. Bringt man nun die damaligen Preise der Lebensmittel, wie wir oben in einer Anmerkung mehrere aufgeführt haben, in das Verhältniß mit unsterem gegenwärtigen Geldwerthe, so ersehen wir, daß damals keineswegs wohlfeilere Zeiten waren, als heut zu Tage,

Ungeachtet dieser hohen Geldpreise war aber, in Folge des Reichthumes, der Aufwand und der Luxus im vierzehnten Jahrhunderte auf eine ernorme Weise gestiegen. Die Münchener Bürger verschmähten es, sich, ihre Frauen und Töchter mit einheimischen oder böhmischen Tüchern zu kleiden, sondern sie trugen feine Tücher aus Brüssel, Mastricht, Mecheln und Löwen, davon die Elle Fünfzig Pfenninge kostete, und Mäntel und Wams von Seiden, wohl auch mit kostbaren Pelzen verbrämt und mit Gold, Perlen und Edelsteinen geziert; bald mit langen, bald mit offenen, oder, wie man es nannte, mit zerhauenen Aermeln; die Frauen mit weit nachrauschenden Schleppen, mit Silberketten 

und goldenen Schaustücken auf dem Busen oder am Grtel, die Haare mit Perlenbändern und Perlenkränzen, „Schappeln“ und „Gebende“ genannt, durchflochten. Bei Festen, Hochzeiten, Kindtaufen und vieltägigen Gastmalen unmäßiger Aufwand an kostbaren Speisen, künstlichen Schaugerichten uns ausländischen Weinen, dazu zu Hause und in Wirthshäusern theuren Spiele mit Katen, Würfeln und Kugeln.

Gegen solchen verschwenderischen Uebermuth mußten endlich polizeiliche Einschreitungen erfolgen. Bereits im Jahre 1405 erließ der Stadtrath von München eine strenge Kleiderordnung. In dieser verbietet er den Frauen und Jungfrauen alle Perlen, Kränze und Harrbänder von Gold und Perlen, und erlaubt ihnen dagegen nur seidene Halsbänder; keine soll mehr als anderthalb Mark Silber auf ihrem Leibe tragen, es soll fürdas keine Frau noch Jungfrau einen Rock tragen mit „Bethem“ (ausländischem Pelzwerk) unterzogen, noch mit offenen Aermeln, und keine soll weder Mantel noch Rock mehr tragen, der länger sei,  als daß er zwei Finger auf der Erde nach geht. Die Uebertretung dieser Bestimmungen wurde nicht an den Frauen oder Jungfrauen, sonder an deren Mann oder Vater mit Geldstrafe gebüßt. Es wurde ferner verordnet, daß zu einer Hochzeit höchstens vier und zwanzig Frauen und Jungfrauen aus der Verwandtschaft geladen werden dürfen, ausser es seien Fremde da; Kinder aber unter zehn Jahren soll man gar nicht zur Hochzeit gehen lassen.

Eben so wurde gegen die unsinnige Spielwuth eingeschritten, und durch die große Polizeiordnung vom Jahre 

1420 verbot der Rath zu München alles Würfelspiel, sei es um wenig oder viel Geld, und erlaubte nur das Bretspiel in öffentlichen Häusern, und auch dieses nur am Tage, nicht aber bei der Nacht.

Ueberhaupt erließ der Stadtrath in den Jahren von 1420 – 27 eine Menge umsichtiger und strenger Verordnungen in Bezug auf Sicherheit der Personen und der Eigenthums, auf Schutz vor Feuersgefahr und auf Regelung der gewerblichen und Zunft-Verhälnisse.

So haben wir denn die Stadt erwachsen sehen aus ihren kleinen und rohen Anfängen bis zu ihrer vollen Ausbildung.

Wir haben daher nun auch von jenen Familien zu sprechen, deren Glieder nicht nur in diesem Zeitraume, sondern noch bis in spätere Zeiten herab die Zierde, der Stolz und der Ruhm der Stadt München waren; es sind dieß die sogenannten Geschlechter oder Patzizier. Davon im nächsten Abschnitte.

 

Es dürfte hier den freundlichen Lesern nicht unwillkommen sein, einige Viktualienpreise aus dem 13. Jahrhundert kennen zu lernen. Ein Schäffel Weizen kostete 80-90 Pfennige, ein Schäffel Korn 60, Haver 30 Pfenninge, ein Pfund des besten Ochsenfleisches 1 Pf., ein halbes Pfund Kalbfleisch 2 Pf.; ein Lamm 8 Pf.; ein Schaft 16 Pf., ein Huhn 2Pf., z., das Pfund Schmalz 2 ½ Pf., eine Semmel 1 Pf., zwei Roggenbrote 1 Pf. – Eine halbe Maß besten wälschen Weines kostete 2 ½ Pf., eine halbe Maß Neckar Elsaßer oder österreischen Weines 3 Heller, eine halbe Maß vayerischen Landweines 1 Pf., eine Maß Bier 1 Heller, - ein Schwein 30-40 Pfenninge ein Pferd 3-6 Pfund Pfenninge.


Denkmal an Gerd Müller