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erreere
2.1. Der Saal der Helden ( Raum 75)
Wie im :.d„r:überliegenden Servicesaal ( Raum 117 ) hat der Architekt Leo
von Klenze durch die leichte Trapezform der Fensternische zum Max-JoscphPlatz
und des Türsturzes zum darauffo:genden Saal sowie die Einfügung
der Nische für den hellblauen Kachelofen ( mit L we und Adler ornamentiert;
entstanden um 1840; übrigens der einzige klassizistische Kachelofen in der
Residenz, der den 2. Weltkrieg überstanden hat; der K nigsban wurde ansonsten
durch Warmluft beheizt; die formsch nen Messinggitter vor den Ausstr mluken
kann man in den folgenden Silen mehrfach finden) geschickt und beinahe
unmerklich ausgeglichen, da die lange Front der Residenz zur Residenz-
stra e hin nicht ganz im rechten Winkel zur Baulinie des K nigsbaues
a.., Max-Joseph-Platz steht, s,ndern in einem leicht stumpfen Winkel.
Die R uree sind, bis auf den Saal der Klage, der um einen im ersten Obergescho
zwischen Schreibkabinett Raum 121 ) und mittlerem Treppenhaus
im K nigsbau befindlichen Korridor tiefer ausf llt, als das Schreibkabinett,
genau gleich gro , wie die darüberliegenden Wohnr ume der KKnigin
( Raum 117 mit 121 ). Ursprünglich war hier in der Südwestecke des K nigsbaues
der Einbau eines G steappartements aus. "Eingangsgalerie", "Empfangszimmer",
"Wohnzimmer", "Schlafzimmer• und "Arbeitskabinett" vorgesehen (1).
Für Wohnzwecke waren die R ume ungew hnlich gro . W hrend der Vorplanungen
1823 ordnete Ludwig dazu an, die neuen R ume mü ten "betr chtlich gr er
- tiefer und breiter" werden, als die R ume im alten Hofgartentrakt,
"hoch und breit müssen die W nde werden, sie gro artig al fresco historische
Gegenst nde zu bemahlen" (2).
Die Unwohnlichkeit des "Bilderpalastes", der der K nigsbau bis zu seiner
Zerst rung 1944 gewesen ist, hat ihm schon zu Lebzeiten des K nigs manche
Kritik eingetragen: 1835 schrieb August Lewald, "die Unzahl von Bildern,
durch Arabesken verbunden, in stetem Wechsel, einem wild verworrenen Reiter
gleich" degradierten das Geb ude nur zum "Geh use für Malerwetke",
"wie alle Geb ude des neueren Münchens" (3).
Auguste von :.euchtenberg, Ludwigs lteste und bis zur Heirat mit dem
Stiefsohn Napoleons, Eugene Behaurnais, Lieblingsschwester notierte 1834
nach l ngerer Abwesenheit von München über den K nigsbau"in ihr Tagebuch,
da sie ihn zwar "superbe" finde, aber nicht darin wohnen mKchte, weil
nicht die geringste Bequemlichkeit vorhanden sei, Die Fresken von Schnorr
und der Thronsaal seien besonders sch n. Eine Wendeltreppe fand ihren
Beifall. "Aber es gibt nichts zum Entspannon, keine kleinen Zimmer, alles
ist gro und streng.""(4)
Nenartig, wie die Gr e der S le, ~a~ auch die Wahl des Themas für das
B.ildprogramro. Wohl hatte es in d2r Münchner Residenz, iiberwiegend in Forro
von fandteppichen, schon gro formatige Bilderfolgen gegeben, bisher jedoch
entweder zur Versinnbildlichung bestimmter Tugendan (z.B. Friesbilrler
unrl Wandteppiche im K~isersaal mit Gegenüberstellung biblisch-jüdischer
Figuren aus dem ~lten Testament sowie heidnisch antiker Gestalten; oder
sog, Artemisia-Folge in den Steinzimmern) oder zur Hervorhebung besonderer
Leistungen von Mitgliedern des Hauses Wittelsbach (z.B. Wandteppichfolge
"Die Taten des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach", 1604-11 in
den Steinzimmern oder Folge "Geschichte der bayerischen Herz~ge"
z;wischen i730 und 70 aus der?.. Münchner Gobelin-Manufaktur). Vielleicht
mit Ausnahme der Grottenhof-Ausmalungen zu Ovids Metamorphosen, die aber
wohl teilweise auch allegorische Bez ge aufwiesen, gab es bisher keine reinen
Literatur-Illustraionen innerhalb des Herrscherpalastes,
Vorbilder hierfür sind in Italien zu suchen: 1816/17 malten die NazarenerKünstler
Peter Cornelius, Friedrich Overbeck, Friedrich Wilhelm von
Schadow und Philipp Veit in Wiederbelebung renaissancehafter Freskomalerei
in der Casa Bartholdy in Rom fU.r Genera3konsul Jakoh SaJ.omn Bartholdy
~~nat,r~3tige Wandbilder zur Josephslegendc, die gro es Aufsehen erregten.
Die Nazarener, das war eine Gruppe junger Wiener Akademieschüler,um Johann
Friedrich Overbeck und Franz Pforr, di2 sich 1809 vom am franz sischen
Klassizismu~ des Wiener Akademiedirektors Friedrich Heinrich pqger (geb.
8,12.1751 in Heilbronn, gest. 5,11.1818 in Wien) gepr gten Lehrstil der
Wiener Kunstakademie absonderten und 1810 in das leerstehende Kloster
San Isidoro auf dem Monte Pincio in Pom übersiedelten. An Vorbildern wie
Raffael, Dlirer oder Perugino orientiert 1suchten sie nach einer urspriinglichen,
an religi15s-partiotischcn {erten orientierten Kunsterneuerung.
Ihren Namen "die Nazarener• erhielten sie aufgrund ihr2r gleich ,Tesus von
Nazareth offenen langen Haare.
Peter Cornelins (gib~ 23.9,1783,ineDi$sildotf,;ge~t. 6,3,1867 in Berlin)
zeichnete 1811-17 zwei Zeichnungsfolgen zu Goethes "Faust" unrl zum "Nibelungenlied~.
1817 hat Cornelius die 'Zeichnungen als Stichfolge ediert.
1817 heauftragtc der Marchese Massirno die Nazarener-Künstler Peter Corneliu,
s ( "Divina Comedia", Dante), "?riedrich ()verheck und Joseph von Fiihrich
( "Gerusaleme lib~rata", Tasso ) und Julius Schnorr von Carolsfeld ( "Orl•
ndo furiose", Ariost) aif Sornetins' Vermittlung mit der Ausmalung
seines Garten-Casinos in Monumental-Fresken zur italienischen Nationaldichtung.
Kronprinz Ludwig, der ah 18~, iMmer wieder Bildungsreisen nach Italien
und Rom unternimmt und schlie lich in unmittelbarer Nachharschnft des
d nischen Bildhauers Bertel Thorvaldsen ( 1770 - 1844) die Villa Malta
auf dem Monte Pincio in Rom erwirbt, immer auf der Suche nach wertvollen
Kunstwerk~n für seine Antikensam!lllun~en sowie auf der Suche nac:-i f rd2rungswürdigen
zeitgen ssischen Künstlern, gelingt es, auf~rund der Vorarbeiten
zum Dante-Saal Cornelius dem Ma~chese ~assimo für die Ausmalung seiner
Glyptothek in München abzuwerben; die Fresken werden dann von Joseph
Anton Koch und Philipp Veit ausgeführt. 'Gemeinsam mit dem Kronprinzen
reist Cornelius 1818 nach München, wird 1819 zum Professor der Münchner
Akade~ie berufen, 1825 zum Akademiedirektor ernannt und in den pers nlichen
Adelsstand erhoben, Bis zurr. Zerwürfnis nit dem K nig 1839 bleibt
er einer der bevorzugtesten Künstler des M zens Ludwig I.
Im Auftrag des Kiinigs beruft Cornelius 1825 mehrere Nazarener-Freunde
nach München, darunter auch ,Tulius Schnorr van Ca.r.,lsfeld. Der Künstler
ist am 26.M rz 1794 als dritter Sohn des Malers und nachmaligen Direktors
der Leipziger Kunstakademie Jc-hann Veit Schnorr von Carolsfeld in Leipzig
zur Welt gekommen. 1994 w re sein 200. Geburtstag gewesen, der weitgehend
unbeachtet verstrichen ist. Den ersten Zeichen- unrl Malunterricht erh lt
Julius, wie seine Maler-Brü~er Friedrich Eduard und Ludwig Ferdinand vom
Vater. "Schon in frühester Kindheit", schrieb er, •sah ich es nls selbstverst ndlich
an, da ijh Maler ~lrde.• (1). 1811 geht der begabte junge
Mann 17-j hrig nach Wien an die Kunstakademie, •wo ihm nicht gef llt, was
er lernen soll. Er liekommt schlechte Noten, zieht sich zuriick• (1),
In Wien macht er Bekanntschaft mit dem Maler Joseph Anton Koch (1768 - 1839,
Meister der "heroischen Landschaft•, vgl, Gem lde •Ber Sch:eui.dribachfall"
von 1821/22, München, Neue Pinakothek) und mit Ferdinand Olivier (1785 - 1841),
dessen Schüler er wird, r schlie t Freundschaft mit Ferdinands jüngerem
Bruder Friedrich, mit, dem er ab 1814 eine Wohngemeinschaft begründet,
Im Sommer 1817 unternehm~n Friedrich und Julius gemeinsam mit Julius'
Bruder Friedrich Eduard eine Reise nach Salzburg und Berchtesgaden, auf der
zahlreiche Zeichnungen entstehen, Ferdinand und Julius iibersiedeln im
gleichen Jahr, einem Ruf der Nazarener folgend, nach Rom, Da beide nicht
gewillt sind, zum Katholizismus überzutreten, begründen sie 1 nach ihrem
gemeinsamen Wohnsitz auf dP.m Kapitol genannt,den protestantischen Flügel
der "Kapitoliner".
W hrend der Freskierujg des Ariost-Saales in der Villa Massimo wird 1823
Kronprinz Ludwig auf Julius Schnorr von Carolsfeld aufmerksam. Er notiert
dazu in sein Tagebuch: "Schnorr von Carolsfeld in der Villa Massimo begegnet
und iür "K nigs- oder Ludwisgsbau" in Aussicht genommen• (2),
Auch Julins Schnorr von Carolsfeld ist von seinem künftigen FHrderer positiv
eingenommen, Anl lich einer der zahlreichen (~;1'.eqcht~.l)fr hlichen
Begegnungen mit dem Kronprinzen, von denen eine in der spanischen Weinsch nke
des Don Raffaele Anglada della Ripa uns der Maler Franz Ludwig
Catel 1824 in einem Gem lde der Neuen Pinakot,hek überliefert hat, schreibt
vgl. von Arnim, Babriele, Artikel "Ein Mann, der sein Talent verga "
in •Die Zait" vom 26.3,1994
vgl. Hojer, Gerhard, !He Prunkappartements Ludwigs I. im K nigsbau der
Münchner Residen?., MünchP.n 1992, S, 169
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