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Münchener Stadtbuch

Der Bürgeraufruhr im Jahre 1385

Endlich, nach vielen inständigen Flehen auf den Knieen um Gnade, ließen sich die Herzoge erweichen, jedoch unter der Bedingung, daß die ganze männliche Bevölkerung von München barhauptig, demüthig ohne Wehr und Waffen, in Bußkleidern, den Stadtrath an ihrer Spitze, von welchem aber der Bürgermeister zum Zeichen, daß er wegen seiner Frevelthat das Leben verwirkt habe, statt der goldenen Kette einen Strick um den Hals tragen mußte, vor dem Neuhauserthore den Herzogen entgegen gehen, dortselbst auf den Knieen um Gnade bitten, und die Schlüssel der Stadt übergeben solle, was auch geschah.

Die Herzoge bewilligten nun Gnade, jedoch mussten die Bürger noch weiters den Herzogen ihre beträchtliche Geldschuld, welche alle Jahre 2000 fl, Zins ertrug, nachlassen, denselben ferner 6000 fl. Baar und 2000 fl. An die herzoglichen Räthe zahlen, und noch überdieß den Herzogen gestatten, neben ihrem bisheringen Schloße, der „alten Burg“, sich ein neues, gleichsam zur Ueberwachung der unruhigen Bürgerschaft erbauen zu dürfen, und ebenso, daß sie sich zum ungehinderten Aus- und Einreiten aus der alten Veste ein eigenes Thor erbauen durften. Dieses Thor, zuerst „Thürmleinthor“ genannt, ist der noch heute bestehende, sogenannte Schlichtingerbogen, welcher von der Burggasse in die Graggenau, heutige Lederergasse führt; das Schloß aber war die sogenannte „neue Veste“, welche im Jahre 1392 erbaut wurde, und an der Stelle stand, wo jetzt die neuen Flügel der Residenz gegen den Hofgarten und die Reitschule sich hinziehen. Zugleich verordneten die Herzoge, einer alten, jedoch unverbürgten Sage nach, daß der Bürgermeister

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