Basilika St. Bonifaz

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)

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Basilika St. Bonifaz. Karlstr. 34. Geschichte. Im Stile der altchristlichen romanischen Basiliken Italiens 1835 —50 von Ziebland im besondern Auftrag und auf Kosten König Ludwigs I. erbaut. 1827 sprach Ludxoig zu Ziebland vor dessen Abreise nach Italien: „Ich bin gesonnen, dem Apostel der Deutschen in München eine Kirche zu erbauen und zwar in Form einer Basilika. Studieren Sie mir in Italien fleißig die dortigen Basiliken. Die Grundsteinlegung wird aber erst 1835 am Tage meiner silbernen Hochzeit stattfinden. Dabei stelle ich aber gleich jetzt Bedingungen: die Basilika muß als Seitenstück der Glyptothek gegenüber zu stehen kommen und in griechisch-korinthischem Stil gehalten sein. Sie soll 5 Schiffe und ungefähr die Größe von S. Apollinare in Bavenna bekommen“. Später änderte der König seinen Plan und ließ die Kirche an der Karlstrasse in der jetzigen Form (Vorbild etwa S. Baolo und für die Vorhalle S. Lorenzo in Bom) erstehen. Die Basilika war Ludwigs Lieblingskirche; hier ließ er (im südöstlichen Teil) schon zu seinen Lebzeiten die Gruft für seine Gemahlin und darüber für sich selbst — gleich den Normannenkönigen in Monreale bei Palermo — den über dem Kirchenboden freistehenden Marmorsarkophag (nach Zieblands Entwurf} aufstellen und zwar ausdrücklich: „einfach, im Stil der Basilika, ohne Krone und Szepter“. Bei seinen häufigen Besuchen — Abt Haneberg wrar sein Beichtvater — zeigte er ihn gerne seinem Gefolge, lächelnd und mit den Worten „Mementomori“ [F,HR].

Kunst. Grundriss: fünfschiffige Basilika mit halbkreisförmiger Apsis ohne Querschiff; 76 m lang, 36 m breit, Höhe des Mittelschiffes 23 m, jene der Seitenschiffe 13 m. Die Bogenarkaden des Mittel- und der Seitenschiffe ruhen ohne Kämpfer auf 64 stattlichen, 7,29 m hohen Säulen mit monolithen Granitschäften und romanisierenden Kapitellen aus Schlandersmarmor (auf den Kapitellen, christliche Symbole: abwechselnd Aehre, Traube, Lilie und Kreuz). Apsisraum mit dem angrenzenden Teil des Mittelschiffs ist wegen der darunter befindlichen Gruft-Krypta erhöht (12stufige, 15 m breite Prachttreppe). An die Apsis schließt der äußere Chorumgang mit offenen Rundbögen an. Achtsäulige Vorhalle, durch die sich die Dachung der Seitenschiffe- auch um die Front herum fortsetzt.

Am HauptportaI (ursprünglich waren wie in S. Paolo 3 Erzportale und Ausschmückung der Halle mit Fresken auf Goldgrund geplant) Statuen der Apostelfürsten Petrus und Paulus (von Schönlaub). An den Türfeldern Holzreliefs mit Symbolen und symbolisierenden Figuren des Alten Testamentes.

1. An der Mittelpforte: die vier von Messias weissagenden Großen Propheten, nämlich Isaias mit der Säge (nach der Talmudsage wurde L, von König Manasse verfolgt, in einen Baum verwandelt, den M. umsägen ließ, wobei Blut hervorspritzte), Jeremias mit der Rute (göttliches Strafgericht), Ezechiel vor dem Tempeltor (Weissagung der Kirche Christi als „Neuer Tempel“). Daniel unter den Löwen (Gottheit Christi); in den 4 Mittelfeldern: Moses am Felsenquell (jungfräuliche Geburt Christi), Abraham opfert Isaak (Opfertod Christi), Jonas im Walfisch (Auferstehung Christi), Elias im Feuerwagen (Himmelfahrt Christi).

2. Am linken Tor: Erkenntnisbaum im Paradies (Sünde) und Kreuzesstamm (Erlösung), Taube mit Oelzweig (Friede) und Pfau (Unsterblichkeit), Phönix (Sieg über den geistigen Tod) und durchbohrter Drache (Heidentum), Weinstock und Kornähre (Meßopfer). 3. Am rechten Seitentor: Lamm mit Kreuz (Lamm Gottes) und Isaaks Widder, Pelikan (Kommunion), Einhorn (Christliche Beschaulichkeit), Fisch (Christus), Krone (himmlicher Lohn), Kreuzhügel mit 4 Flüssen (Christentum mit den 4 Evangelien), Buchrollen (Buch des Lebens). 

Imposanter Raumeindruck im Innern, gehoben durch die farbige Ausschmückung (Stuckmarmormusterung der Wände). Dachkonstruktion mit bloßgelegtem Balken-, Hänge- und Sprengwerk; innere Decke der Dachfläche (unter den Sparren) blau bemalt mit goldenen Sternen; über und zwischen den Sparren noch eine doppelte Verschalung, von denen die obere der Kupferbedeckung als nächste Unterlage dient, während die mittlere die Temperatur ausgleichen soll.

Freskogemälde an den Wänden (von H. Hess und dessen Schülern J. und Claud. Schraudolph, Koch, Janssen, Halbreiter, Sutter, Müller und Kaspar), gehören rein technisch zu den besten Münchner Werken; in ihrer milden Färbung und edlen Erzählungsweise sind sie schöne Zeugnisse starken romantischen Empfindens; in der Apsis noch streng im Stil der Basilika, sind sie in den Seitenbildern modernerem Empfinden näher gerückt. Inhalt: In der Apsis, auf Goldgrund oben „Christus in der Glorie“ (von Hess selbst gemalt) mit Maria und Johannes dem Täufer; darunter die größten Missionäre Deutschlands, speziell Bayerns (S. Bonifaz, Rupert-Salzburg, Emmeram-Regensburg, Willibald-Eichstätt, Kilian- Wurzburg, Korbinian- Kreismg, Magnus-Füssen) und der Ordenspatron S. Benedikt. Am Triumphbogen das apokalyptische Gotteslamm, umgeben von 12 Schäf- lein (Aposteln), angebetet von den 4 Evangelisten. Im Mittelschiff: I. Im breiten Wandstreifen (zwischen den Fenstern und den Arkaden) 12 Szenen aus dem Leben des hl. Bonifatiusius nach den Angaben des Kirchenhistorikers J. v. Höllinger (dazwischen 10 grau in grau gemalte sog. Episodenbilder). Inhalt, beginnend am Altar bei der Epistelseite:

  1. Heilung des Vaters auf das Gebet des kleinen Winfrid oder Bonifazius und dessen Eintritt ins Kloster zu Exeter (Episodenbild: Ordenseinkleidung Winfrids);
  2. Bonifacius reist nach Rom (Ankunft in Rom);
  3. B. erhält die Missionsvollmacht für Deutschland (Rückreise über die Alpen);
  4. Bekehrung der Friesen (2. Reise nach Rom);
  5. Bischofsweihe des B. (Wunderbare Speisung des Heiligen in der Wildnis und Gründung der Stadt Ohrdruf);
  6. Fällung der Donareiche bei Geismar;
  7. Gründung der ersten bayer. Bistümer (Salzburg, Freising, Regensburg) durch B. und Herzog Odilo (Klostergründung in Fulda durch B. und Sturmius);
  8. Einweihung des Klosters (B. als Erzbischof von Mainz);
  9. Krönung Pipins zum Frankenkönig durch B. (Synode von Mainz);
  10. Bischofsweihe Lullus, seines Nachfolgers und letzte Missionsreise des B. (Vorbereitung zum Martyrtod);
  11. Sein Martyrtod (Ueberführung nach Mainz);
  12. Beisetzung in der Gruft zu Fulda.

II. Zwischen den Fenstern 36 Bilder aus der Christianisieung Deutschlands (nach Angaben Uöllingers):

  1. Marter des hl. Maximilian von Lorch;
  2. St. Florian in der Enns ertränkt;
  3. Hinrichtung S Gereons und seiner Genossen aus der thebaischen Legion zu Köln;
  4. St. Quirin von Lissek, trotz des Mühlsteins im Fluß schwimmend;
  5. Flammentod S. Afras in Augsburg;
  6. Taufe der Markomanenkönigin Fritigil;
  7. Marter des hl. Vigilius von Trient;
  8. St. Valentin predigt in Passau;
  9. St. Severin befreit in Noricum christliche Kriegsgefangene des Alemanenkönigs;
  10. Taufe des Frankenkönigs Chlodwig;
  11. St. Fridolin erweckt einen Toten als Zeugen;
  12. Die thüringische Königstochter Radegund als Klosterfrau;
  13. Bekehrung des Langobardenkönigs Agilulf durch seine Gemahlin Theodolinde;
  14. St. Kolumban vernichtet ein Götzenopfer;
  15. St. Gallus und seine Genossen als Missionäre;
  16. Die baver. Missionäre St. Eustasius und Agilus;
  17. Taufe des Herzogs Theodors II. von Bayern durch St. Rupert;
  18. St Ehrentrud, Aebtissin von Nonberg (Salzburg);
  19. St. Emmeram falsch verklagt und (bei Helfendorf) gemartert;
  20. St. Magnus gründet das Kloster Füssen;
  21. Dem hl. Bischof Kunibert bezeugt eine weiße Taube seine Heiligkeit;
  22. St. Erhard tauft und heilt die blinde Herzogstochter St. Ottilia;
  23. St. Arbogast von Straßburg erweckt den verunglückten Sohn des Frankenkönigs Dagobert;
  24. St. Wulfram rettet zwei von Heiden verfolgte Jünglinge;
  25. Marter St. Kilians und seiner Genossen St. Columan und Tetnang;
  26. St. Korbinian bekehrt den Bayernherzog Grimoald vom Ehebruch;
  27. St. Walburgis, Thekla und Lioba werden aus England zur Missionierung Deutschlands berufen;
  28. St. Sebald überschreitet auf seinem Mantel die Donau bei Regensburg;
  29. St. Otto gründet Altomünster;
  30. Heilung eines Mädchens durch St Walburgis;
  31. St. Willibalds Heimkehr aus Palästina;
  32. St. Wilehad wirkt in Friesland;
  33. Engel beschützen die Kirche zu Fritzlar vor den heidnischen Sachsen;
  34. Taufe des Sachsenkönigs Widukind;
  35. Karl der Große beruft eine Synode nach Frankfurt;
  36. Kaiserkrönung Karl des Großen in Rom durch Papst Leo

III. In den Bogenzwickeln Medaillonsbildnisse der 34 Päpste von Julius III. 1550 bis Gregor XVI. 1831 nach authentischen Vorlagen (von Julius III. an bis zurück auf Petrus sind innen an den Säulenbögen die Namen verzeichnet). Der Hochaltar sollte ursprünglich mit einem Marmorbaldachin gekrönt werden.

Seitenaltäre: auf dem einen die Steinigung Stephani, von Joh. Kaspar; auf dem andern die Madonna mit den Schutzheiligen der 8 Kinder König Ludwigs I: St Alexander (Prinzessin Alexandra), Abt Otto, Aebtissin Hildegard, Kaiserin Mathilde, Bischof Adalbert, Herzog Luitpold, Aebtessin Adelgunde, Bischof Maximilian (gemalt von Hess selbst). Kanzel, auf Rädern verschiebbar, ursprünglich geplant als Marmorbau mit 2 Riesenkandelabern [Br, F, HR, Rb, Ro, Tw, W).

Im Speisesaal des Benediktiner-Klosters Fresko „Das letzte Abendmahl“ von H. Hess.

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)