Hl. Geist-Spital

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)

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Hl. Geist-Spital, Dom Pedro-Platz 6. 

Geschichte (des alten Spitals am Viktualienmarkt, im Tal). Unmittelbar vor dem alten Rathaus tor. damals also noch außerhalb der Stadt, stand vor unvordenklichen Zeiten, vielleicht noch vor der Gründung der Stadt, eine Katharinenkapelle (vgl. Hl. Geist-Kirche) und dabei eine Eremitenklause. An dieser Klause gründete Herzog Ludwig der Kelheimer 1204 ein Pilgerhaus, in das anfänglich krankenpflegeude Augustinereremifen eingesetzt wurden; 1253 wurde es von Herzog Otto dem Zweiten durch einen eigenen großen Spitalbau mit einer eigenen „Hl. Geist-Kirche“ ersetzt und dabei die Katharinenkapelle in den Bau miteinbezogen; auch wurden die Augustiner durch die „Ordensbrüder vom hl. Geist“ ersetzt; zugleich wurde auf dem jetzigen Dreifaltigkeitsplatz ein neuer Spitalfriedhof mit einer Dreifaltigkeitskapelle errichtet. Von da an hatte das hl. Geist-Spital, neben den in der Säkularisation 1803 verschwundenen beiden Beguinenklöstern, nämlich dem Pütrich- und Riderkloster, die bedeutendsten Aufgaben sozialer Fürsorge zu erfüllen [BAT]“. Nach dem großen Stadtbrand 1327 wurde das Spital allmählich immer mehr vergrößert, bis es schließlich — ein kleiner Stadtteil und ein geschlossenes Gemeinwesen für sich — den ganzen Platz des jetzigen ViktualenmarHes vom Tal bis zur Westenrieder strafte einnahm: es umfaßte schließlich (außer einem Pfarrhaus und 3 Kuratenhäuser) ein Männerhaus, Weiberhaus, Findelhaus und Kinderasyl, eine Stube für Sinnlose, (für ansteckende Krankheiten, namentlich für den gefürchteten Aussatz, hatte man weit draußen vor der Stadt Vorsorge getroffen, nämlich durch Leprosenhäuser am Gasteig und in Schwabing) eine große und kleine Küche, ein Armenhaus und Gebärhaus, außerdem ein Badehaus und Backhaus, eine Gesindestube, weite Stallungen für Pferde und Rinder, Scheunen und Magazine und ein eigenes Brauereigebäude; auf der Schweige Großhesseloh hatte es einen weitern Oekonomiebetrieb; die großen Forste um Großhesselohe und zwischen Gauting-Planegg (Forst Kasten) waren Stiftswälder. Nach der Säkularisation veräußerte die Stadt, in deren Verwaltung das Spital bereits 1333 gekommen war, die Schwaige Großhesselohe und ließ — um einen großen städtischen „Viktualienmarkt“ inmitten der Stadt zu schaffeu, sämtliche Spital-Gebäulichkeiten niederreißen mit Ausnahmen der Hl. Geistkirche. Sodann überwies die Stadt ihre Kranken in das bei der Säkularisation leergewordene Elisabethinnen-Kloster vor dem Sendlingertor (s. „Elisabeth-Spitalkirche“) und übergab 1836 den Betrieb dem Orden der „Barmherzigen Schwestern“; 1904—07 ließ sie schließlich durch Hans Grassel am Dom-Pedroplatz aus der reichen Stiftung (4 Millionen Mark) einen neuen würdigen Spitalgebäude-Komplex (um 1 607 000 Mk.) errichten. Dieses neue Spital dient dem Zweck: alten, gebrechlichen und armen Münchner Bürgern und Bürgerinnen (desgleichen Inhabern der silbernen Dienstboten-Medaille für 25jährige treue Dienstzeit) auf ihre alten Tage eine gesicherte Unterkunft und die nötige Pflege bis zur Höchstzahl von 616 zuteil werden zu lassen.

Kunst. Das Spital ist das umfangreichste jener Gruppe von öffentlichen Gebäuden, die die Stadt am Dom Pedroplatz von H. Grassel errichten ließ (Städtisches Waisenhaus, Dom Pedro-Volksschule und Spital): ein einheitliches harmonisches Stadtbild von volkstümlicher, heimischer Bauart. Das Hauptgebäude, das eigentliche Spital mit dem Haupteingang am Dompedroplatz, umschließt einen Innenhof, von dem gegen den Garten hin 2 große Flügelbauten entspringen: dadurch ergibt sich eine schöne Gliederung der Baumassen, erhöht durch das Einschieben der Anstaltskirche in die westliche Gebäudefront. In den Flügeln sind die Räume, die dem eigentlichen Verkehr in der Anstalt entrückt sein sollen: die Krankenräume, die Schwesternwohnung und die Küchenanlage. Die äußere Anlage ist ruhig, schlicht, dabei doch repräsentativ bürgerlich; ein schönes reines Weiß der Putzflächen vereinigt sich mit dem roten Mansardendach, den grünen Vorgärten, den grauen steinernen Portalen, Figuren und vergoldeten Reliefs zu einem feinen harmonischen Gebilde; drei dieser Figuren stellen die um das Spital besonders verdienten Bayernfürsten dar: Ludwig den Kelheimer, Otto den Erlauchten und Ludwig den Bayer (von den Bildhauern Franz Drexler, bezw. M. Heilmaier und J. Seidler). Das Innere ist traulich, schlicht und anheimelnd; eine reichere Ausschmückung erhielten nur der Haupteingang, die Speise- und Unterhaltungsräume und die Gebetsräume. Der protestantische Betsaal ist in hochernstem Charakter gehalten, der Speisesaal der Schwestern wundervoll feierlich. Sehr schön ist die katholische Anstaltskirche; in ihr können die Pfründner in Emporen dem Gottesdienst beiwohnen, ohne Treppen steigen zu müssen; sie ist mit farbigen Stukkaturen von Brunno JBiomant, mit Deckengemälden von Wald. Kolmsperger und mit 3 Altären geschmückt, deren Altarbilder, der Leichnam Jesu im Schoß seiner Mutter, der Stadtpatron St. Benno und die Spitalpatronin St. Elisabeth von Bud. v. Seitz stammen jCK 10,9; KH 10, 11; SB 10,33; Rb; W|.

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)