Rambaldi(1894) - Rindermarkt

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 537. Rindermarkt.Vor der Peterskirche bildete sich im Beginne der Stadt ein nicht allzu geräumiger Platz, oder vielmehr eine erweiterte Straße, deren Linienzug sich jedoch keineswegs nach der Kirche, sondern nach der ältesten Befestigungsgrenze und mit dieser nach den Niveauverhältnissen richtete und daher die fast halbkreisförmige Biegung erhalten hat, die er noch heute besitzt. Die Straße hieß ursprünglich »Watmangergaße«, von den dortigen Wollwarenwerkstätten und Magazinen, während sich die Watgaden (Verkaufsbuden) der Wattmanger (Tuch- und Lodenmacher) in den ,,unteren Krämen« (auch »unter den Wattmangern« genannt) befanden, d. i. unter den heutigen »finsteren Bögen« des Marienplatzes. Die jetzige Benennung ,,Rindermarkt« erscheint urkundlich nicht vor 1430, deutet aber sicher an, daß dort einst Viehmärkte abgehalten wurden; später diente der freie Raum zum Verkauf von roh zubereiteten Geflügel und im vorigen Jahrhundert zu den des Auer-Brotes. Doch sind in den Gebäuden des Rindermarktes auch wichtige Handlungen vor sich gegangen, welche wohlbegründeten Anspruch auf geschichtliches Andenken haben, wenn diese Vorgänge heute gleichwohl dem großen Publikum weniger bekannt sind. Am Rindermarkt, als einem der höchst gelegenen Stadtteile, befanden sich ferner die besten Keller, welche meistens groß und weit gebaut und vermietet waren. Sie waren zunächst zur Lagerung des Weines bestimmt gewesen, der damals in München weit mehr als das Bier getrunken wurde (s. Hopfen- und Weizenstraße). An der Ausmündung des Rindermarktes und der Rosengasse in die Sendlingergasse erhob sich in den ältesten Tagen der Stadt, bei de, später sogenannten ,,Russinihaus« (Nr. 1) das »Sendlingerthor«, seit 1289 so bezeichnet, als schon längst das heute noch bestehende Sendlingerthor in der äußeren Stadt vorhanden war (s. Sendlingerstraße). Später wurde der Thorturm nach den Besitzern oder der Firma des anstoßenden Hauses ,,Pütrich« (1300), ,,Blauenten«- (1600),« zuletzt »Russiniturm« genannt und 1808 abgetragen. 1832 erhielt die Sendlingerstraße an dieser Stelle eine zweckmäßige Erweiterung. Die Be- nennung ,,am Russiniturm« wurde übrigens auch längere Zeit nach jener Demolierung gebraucht und der ,,Russinibazar« ist noch jetzt eine allgemein übliche Bezeichnung. Die außer demselben in die Sendlingergasse führende Brücke hieß die Teuferbrücke und wurde 1443 gewölbt. Die steinerne Gedenktafel mit entsprechender Erläuterungsinschrift am Hause Nr. 1 stammt aus dem Jahre 1847. Eine von einer Anzahl Anwesensbesitzer angestrebte Umbenennung des ,,Rindermarktes« in »St. Peterstraße««, damit motiviert, daß der bisherige Straßenname, wenn er auch eine ,,historische Grundlage« habe, bei längst geänderten Verhältnissen seine Bedeutung verloren habe, bzw. daß der Name »unschön« oder bei der bezüglichen Einwohnerschaft nicht mehr beliebt sei, wurde inhaltlich höchster Entschließung des k. Staatsministeriums des Innern vom 27. Nov. 1872 durch S.Majestät den König abschlägig beschieden, und sprach sich der Magistrat auf ein wiederholt im Jahre 1886 gestelltes Gesuch ablehnend aus. Zu bemerken sind nachstehende Häuser: Im Hause Nr. 5 befand sich eine Kapelle, deren Bauart identisch zu sein scheint mit der St. Katharinakapelle in der Peterskirche, die vom Dechant Konrad Wilbrecht i. J. 1281 auf seine Kosten erbaut wurde. Ein Teil der Bauart derselben, sowie das Deckengemälde sind noch heutigen Tages zu sehen, und dürfte letzteres das älteste kirchliche Deckengemälde in München sein. Nr. 6. Einst im Besitze des Herzogs Ferdinand (Wilhelms V. Bruder) und seiner Nachkommen, der mit Maria Pettenbeck erzeugten Grafen von Wartenberg. Nr. 8. Das mit interessanten und gut erhaltenem Hofraum versehene ehemalige Pötschnerhaus (s. Pötschnerstraße), in welchem sich die Kamel’sche Kapelle befindet *). Nr. 11. Ein ehemals dem Kloster Schäftlarn gehöriges Haus. Nr. 12. Einst dem Markgrafen Ludwig dem Brandenburger gehörig, dessen Rat Herzog Konrad von Teck im Jahre 1354 darin ermordet wurde **). Im Jahre 1358 kam es durch Kauf an den Jägermeister Konrad den Kumersbrucker, später an die Familien Pütrich —- Ru- dolph —- Schrenck —- Eisenreich— Russini, unter welchen das Haus durch den Erwerb eines zweiten vergrößert und neu erbaut wurde. Gegenwärtig befindet es sich im Besitze des k. Staatsrates und Gesandten Otto Grafen von Bray.

*) E. Geiß, Geschichte der Stadtpfarrei St. Peter S. 245. **) Wolf, Urkundliche Chronik von München II, 273.


Weiter zur Straßenbeschreibung

Haus Falkeneck