Bearbeiten - Sehenswürdigkeiten

Ausführung
Kriegerdenkmal
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Die Fassade des Münchner Hauptbahnhofs wird bestimmt von einem monumentalen Mosaikbild mit Neonlichtinstallation von Rupprecht Geiger. Es entstand im Rahmen der Neubaumaßnahmen nach dem zweiten Weltkrieg. Sie folgten dem Wiederaufbau, der ein von praktischen Zwängen, Geldmangel und Neuerungsnotwendigkeiten bestimmtes Flickwerk war.

Bereits 1947 begann das Baubüro der Bundesbahn mit der Wiederherstellung des im Kriege stark zerstörten Hauptbahnhofs. Nach der Wiederaufnahme des Bahnbetriebs durch Errichtung des Querbahnsteigs wurden bis 1952 die Querbahnsteighalle des Kopfbahnhofs und bis 1953 ein Teil der Schalterhalle wieder benutzbar. 1950 eröffnete die Bahndirektion den nördlichen Starnberger Teilbahnhof und 1951 das Intercity-Hotel im südlichen Bereich. Auf diese Weise waren innerhalb des alten Bahnhofsgrundrisses maßgebliche Teile der Bahnhofs wiederhergestellt worden, ohne dass Fragen nach der stadtplanerischen Gebäudeausrichtung, nach geänderten Anforderungen durch gestiegene Passagierzahlen und Autoverkehr oder nach der Gestaltung der Empfangshalle geklärt worden waren. So blieben auch 1953 die 126 Einsendungen auf den architektonischen Ideenwettbewerb für das Gebäude unberücksichtigt, bis sich die Bahndirektion und die Stadt im Juli 1955 im Landesbaukunstausschuss über die Unterbringung von zwei Parkgaragendecks im Bahngebäude verständigten. Der bis 1955 erhaltene Teil der Neorenaissance-Fassade des alten Bahnhofes wurde abgerissen und der neue Bundesbahndirektor Heinrich Gerbl ließ 1956-60 eine neue Empfangshalle und die moderne Gleishalle nach Plänen von Franz Hart fertigstellen.

Für das Äußere bestimmend ist bis heute die Fassadenverlängerung der Stadtseite auf 174 Meter. Dazu wurden zwei sechsgeschossige Verwaltungsgebäude mit Parkhausdecks in den beiden oberen Geschossen neben die Schalterhalle gestellt. Die Schalterhalle im Zentrum des Gebäudes ist vollständig verglast und wird durch neun Vertikalbänder gegliedert. Ein einladendes Spannbetondach über dem Haupteingang im Erdgeschoss setzte einen schwungvollen Akzent. Das breite Mosaikbild, das sich über die obere Hälfte der Glasflächen ausdehnt, prägt die Fassade des Hauptbahnhofes. Es wurde von dem bekannten Münchner Maler und Architekten Rupprecht Geiger als eine der ersten Auftragsarbeiten an einer Bahnhofsfassade entworfen. Wann genau die Anbringung erfolgte, ist bisher nicht geklärt. Das Aluminiummosaik befindet sich oberhalb der Empfangshalle auf Höhe des fünften und sechsten Geschosses. Das ungegenständlich-abstrakte Mosaik ist sechseinhalb Meter hoch und dreißig Meter lang. Es gliedert den Bau optisch in Halle und zwei Seitenflügel, während die Parkgaragendecks oberhalb der Halle hinter dem Aluminiumbild durchgehend die gesamte Gebäudebreite einnehmen. Oberhalb einer hellen Fläche bilden überwiegend rechteckige, pastellfarbene Farbfelder eine gewölbte Form. Sie ist begrenzt durch eine schwungvolle Konturlinie, die rechts in zwei Zacken endet. Über dieser Kontur, die wie ein abstraktes Bergpanorama wirkt, schweben drei sehr helle, geometrische Formen. Oben rechts ist eine moderne Uhr ohne Ziffern auf der Fassade angebracht, die der Künstler formal in die Komposition integrierte.

Das Material des Mosaiks ist für den Betrachtenden schwer einzuschätzen. Durch seine Pastellfarben, die von Blau- und Violetttönen bis zu Weiß reichen, erscheint es zunächstwie ein transparentes Glasbild. Es besteht aber aus eloxierten Aluminiumplatten und bildet eine zweite Ebene hinter der Glasfassade. Eine besondere Wirkung erzielt der Künstler im Dunkeln. In seinem Bild greift er die für die fünfziger Jahre typische Neonbeleuchtung der Hallendecke sowie die Illumination des Flugdaches auf. Indem er einige der geschwungenen Konturen seines Mosaiks durch Leuchtstoffröhren akzentuiert, ergibt sich eine mitreißende Dynamik. Die Bilddynamik wird zum Teil eines neuen Perspektivraums aus Licht. Rupprecht Geiger, der sich später zu einem Meister der monochromen Bildgestaltung und der Nutzung ihrer Farbintensität entwickelte, besticht mit diesem frühen Auftragswerk gleich zweifach. Zum einen präsentiert er eine moderne, nichtfigurative Gestaltung, wie es sie in Deutschland so noch nicht gab. Erst mit Georg Meistermann, Yves Klein und Norbert Kricke werden vereinzelt vergleichbare Werke an städtischen Bauten im Westen Deutschlands entstehen. Zum anderen greift Geiger mit der Lichtgestaltung internationale Entwicklungen auf, indem er wie z. B. Lucio Fontana auf der Triennale in Mailand 1951 Neonlinien als Gestaltelement für Rauminstallationen nutzt. Damit schuf er die erste künstlerische Lichtinstallation an einem öffentlichen Gebäude in Deutschlands. CB

Künstler

Rupprecht Geiger (1908 München – 2009 München) war ein bedeutender deutscher Maler. Mit seinen monochromen Bildern wurde er einer der wichtigsten deutschen Exponenten der ungegenständlichen Moderne der sechziger Jahre. Er war ausgebildeter Architekt mit einem Architekturstudium 1926-29 an der Kunstgewerbeschule in München, einer Mauerlehre 1930-1932 und dem Studium an der Staatsbauschule München 1933-35. Er arbeitete auch 1936-1940 in Münchner Architekturbüros bevor er 1940-43 Kriegsdienst leistete. 1943-1944 wurde er Kriegsmaler in der Ukraine und Griechenland. Auch nach dem Krieg arbeitete er 1949-62 wieder als Architekt. 1965-1976 war er Professor für Malerei an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. 1949 war Geiger Mitbegründer der Künstlergruppe ZEN 49 in München. Von Hilla von Rebay, einer deutschen Malerin und Gründungsdirektorin des Museum for Non-Objective Painting, dem späteren Guggenheim Museum in New York, wurde er als einer der wenigen deutschen Maler gefördert. Er schuf viele monumentale Bilder, viele davon als Wandbilder im architektonischen Zusammenhang wie in einer Hauptschule in Wuppertal 1966, für St. Ludwig in Ibbenbüren 1971, für die Münchener Rückversicherung in München 1973, für die Fraunhofer-Schule München 1973, für die Ruhr-Universität, Bochum 1974/75, für die Stadthalle Bottrop 1981, für das Kulturzentrum Gasteig in München 1987, für U-Bahn 1989 und die Fachhochschule in München 1990 sowie für den Deutschen Bundestag in Berlin 1999.