Bearbeiten - Sehenswürdigkeiten

Ausführung
Kriegerdenkmal
Weiteres

Mathias Gasteiger (1871-1934) hatte 1891 seine Bildhauerausbildung an der Akademie der Bildenden Künste München mit dem Entwurf „Satyrherme mit Knabe" so der offizielle Name, abgeschlossen. 1892 war das „Bu-berl" dann Mittelpunkt einer internationalen Kunstausstellung im Glaspalast (abgebrannt 1931) im Alten Botanischen Garten in München. Der Künstler erhielt für seine Arbeit die Goldmedaille. In Künstlerkreisen wurde das „Brunnenbuberl" mit Wohlgefallen betrachtet, so dass der Meister zehn weitere schuf.

1891   entstand ein erster Entwurf zum „Brunnenbuberl" als Abschlussarbeit der Bildhauerausbildung des Künstlers an der Akademie und wurde mit einer Silbermedaille belohnt.

1892   wurde das „Brunnenbuberl" im Münchner Glaspalast ausgestellt.

1892   anlässlich einer Ausstellung in Berlin wurde ein Buberl verkauft und 1906 aufgestellt. Es steht heute vor einem kleinen Gasthaus am Nordeingang des Berliner Zoos und ist in gutem Zustand.

1893   wurde aus einer Ausstellung in Wien ein Buberl nachTriest verkauft und ist heute verschollen.

1894   schenkte Mathias Gasteiger seiner Heimatstadt München ein Buberl, welches 1895 unter Protest der Sittenwächter auf dem Karlsplatz aufgestellt wurde und heute in vom Wetter gezeichneten Zustand neben dem Karlstor steht.

1895   kaufte die Stadt Erlangen ein Buberl und stellte es auf dem Maximiliansplatz auf. Heute ist nur das Buberl erhalten geblieben. Den Faun ersetzte man durch einen großen Muschelkalkstein, aus dem ein Wasserstrahl das Buberl benetzt

1910  schmückte man den lauschigen Garten des Münchner Hotel Continental mit einem Brunnenbuberl, das bei Abriss des Hotels gerettet werden konnte und heute in ganzer Schönheit in einem Privatgarten steht.

Der Verbleib der restlichen „Brunnenbuberl" ist leider unbekannt.

Der Brunnen strahlt eine gewisse Heiterkeit aus. Der Künstler erzählt dem Betrachter eine Geschichte: Auf dem Sockel steht ein mitWeinlaub und Panflöte geschmückter Satyr. SeineTeufelshörnchen und die großen Ohren weisen ihn als Pan oder Faun aus. In Brusthöhe des Satyrs fließt aus einem kleinen Rohr ein Wasserstrahl. Der Daumen des nackten Knaben versucht jedoch das Rohr so zu schließen, dass die Passanten mit Wasser bespritzt werden. Die Strafe des Satyrs folgt auf dem Fuße. Ein Wasserstrahl aus seinem Mund bespritzt den Knaben, der in Abwehrhaltung versucht sich vor dem Nass zu schützen.

Beim Betrachten der Figurenkomposition muss man das Entstehungsjahr 1892 bedenken. Der Historismus neigt sich dem Ende zu, man versucht neue, eigenständige Wege zu gehen. Mathias Gasteiger ist sehr kühn in seiner Ausdrucksweise. Er gestaltet seinen nackten Knaben naturgetreu, erzeigt Körperlichkeit, Grazie und Geschmeidigkeit. Etwas Lausbubenhaftes steht im Gegensatz zu den Allegorien des ausklingenden Neo-Stils. Die Bewegung „Zurück zur Natur" oder zum Natürlichen mündet dann im Jugendstil. Die Beziehung zwischen Satyr und Knabe deutet auf Silen als Erzieher des Knaben Dionysos in der Antike. Die Wasserbehandlung ist bei diesem Brunnen sehr gut gelöst. Kunst und Wasser korrespondieren in ihrer Beziehung gleichgewichtig. Die Figurengruppe wäre ohne Wasser ohne Aussage und umgekehrt. Das Wasser erfüllt die Körper, die Handlung und die umgebende Atmosphäre mit Leben. Münchner und Gäste der Stadt erfreuen sich an dem Brunnen, der ein Stück München darstellt. Das war nicht immer so. Als der Brunnen erstmals auf dem Stachus neben dem Trambahnhäuschen, das auch Abhilfe bei anderen Notwendigkeiten bot, aufgestellt wurde, war die Bevölkerung ob der Nacktheit des Buben schockiert. Die Empörung der Münchner entwickelte sich zum Skandal und zu Umwegen für die Damen. Man dachte an Umwandlung in ein Mädchen, man erwog das Anbringen eines Feigenblattes, dreihundert Badehöschen wurden dem Meister ins Haus geschickt und selbst Seine Königliche Hoheit Prinzregent Luitpold bemühte sich zwecks Ermahnungen ins Atelier - Gott sei Dank ohne Erfolg.

Der Volksmund verfasste folgendes Spottgedicht:

Auf dem Karlsplatz steht a Häusel
Das Häusel ist klein
In dem Häusel sitzt a Weiberl
Streicht Fünferin ein
Nächst dem Häusel is a Brünnerl
Das Brünnerl is fein
Aber s Buberl hat kein Gwandel
Und des darf nicht sein.
Geh, Weiberl in dem Häusel
Greif ins Geldtasche! nein
Kauf dem Buberl ein Hose!
Wird so teuer nicht sein.
Du Buberl, b halts Hosel auf der Strassen an fein,
Musst du s runter tun, Schatzel, gehst ins Häusel hinein.

Juliane Reister - Brunnenkunst und Wasserspiele