Bearbeiten - Sehenswürdigkeiten

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Kriegerdenkmal
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An U-Bahn-Knotenpunkten überkreuzen, zerren, stauen sich die Ströme des öffentlichen Verkehrs. Rudolf Herz „stilisiert“ diese ineinander fließenden Transportwege zu einem abstrakten Muster, einem sogenannten „anamorphotischen“ - das heißt verzerrt angelegten - Labyrinth. Bereits Hans Holbein d. J. hat die Anamorphose als Stilmittel eingesetzt: Auf seinem berühmten Londoner Gemälde der "Gesandten" (1533) gibt sich ein verzerrt reflektierter Totenkopf nur aus einer einzigen Perspektive zu erkennen. Wenn Rudolf Herz nun die weitgehend vergessene Idee der künstlerischen Anamorphose in einen U-Bahnhof des 21. Jahrhundert übersetzt, dann bedient er sich hierzu der künstlerischen Mittel des Minimalismus. Zwei diametral entgegen gesetzte Ansichten seiner schwarzweißen Streifenwand sind möglich: Was sich frontal als rhythmische, nur scheinbar unlogische Anordnung von übereinander gestaffelten Balken in Schwarz und Weiß herauskristallisiert, verschmilzt von einer seitlichen Perspektive aus zum Labyrinth. Erst der exzentrische Blick von den Zugängen aus fügt die Balken zu einem erkennbaren Motiv. Je weiter sich die Fluchtlinien vom Betrachter entfernen, um so kleinteiliger zieht sich das Ornament des Labyrinths zusammen. Der Art-Déco-Eleganz des Labyrinths antwortet auf der gegenüberliegenden Wand eine Lamellenfläche in dezent mattem Orange-Rot. An einem Ort der Ortlosigkeit wie der U-Bahn wird der Blick somit in ein spannendes Vexierspiel verstrickt.

Birgit Sonna