AIlerheiligen-Hofkirche

Reber - Bautechnischer Führer durch München (1876)

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Die AIlerheiligen-Hofkirche am Marstallplatz wurde 1826—1837 nach den Planen und unter Leitung L. v. Klenze's erbaut. Wie in der Baugeschichte erwähnt worden ist, hatte König Ludwig die Absicht gehegt, die Capella palatina zu Palermo als Vorbild zu benutzen, doch wusste ihn der Architekt zu bestimmen, von dieser Idee zu Gunsten dos Planes abzugehen, welchen er unter Zugrundelegung der Markuskirche in Venedig entworfen hatte. Dafür legte Klenze dem Aeusseren ein italienisch-romanisches Gewand (Uebergangszeit) an, zum Theil mit Motiven von S. Marco, nicht ohne mit den scheinbaren Seitenschiffen, wo sie sich als mit niedrigen Pultdächern versehen von Aussen darstellen, einer Täuschung sich schuldig zu machen, da sich unter denselben vielmehr Nebengemächer verbergen, die mit der Kirche selbst nichts zu thun haben. Das rundbogige mit gothisirendem Wimperg versehene Portal zeigt ein Relief, Christus zwischen Maria und Johannes, (im Tympanon), wio_ die Statuen der Apostel Petrus und Paulus von Conr. Eberhard. Die Ecklisenen sind mit Fialen der italienischen Uebergangszeit bekrönt, auch das Badfenster ist romanisch, während das Bankenwerk über dem Bogenfries der Krabbenbildung der italienischen Gothik entlehnt ist.

Das Innere zeigt im Hauptschiff zwei flache Kuppelgewölbe, welchen eine halbkreisförmige Apsis und gegenüber an der Eingangseite ein Tonnengewölbe angesetzt ist. Mächtige Pfeiler stützen sowohl diese wie die Tonnengewölbe der Nebenräume, deren Axe im rechten Winkel gegen die Längsaxe der Kirche gerichtet ist. Die Nebenräume sind doppelgeschossig, indem zwischen die Pfeiler je zwei Säulen aus dunkelrothem Marmor mit vergoldeten korinthischen Capitlen gestellt sind, welche durch Archivolten verbunden, die für den Hof bestimmten Emporen tragen. Durch die wirkliche Ausführung dieser Emporen unterscheidet sich die Allerheiligenkirche von ihrem Vorbilde S. Marco, wo dieselben bekanntlich unausgeführt blieben. — Sind die Verhältnisse der Kirche überhaupt musterhaft, so kann diess auch von der Ausstattung gesagt werden, in welcher die Wirkung des romanisirenden Byzantinismus in Form, Farbe und Stuckmarmormaterial, wie sie das untere Geschoss zeigt, nicht minder erreicht wird, als von der stylvollen Gediegenheit der Ausmalung der Apsis und der Gemälde der oberen Wandflüchen. Meister Heinrich Hess, von seinen Schülern Schraudolph, Koch und Müller unterstützt, hat in diesen Gemälden*) eine Harmonie mit der architektonischen Gestaltung des Gebäudes erreicht, wie sie ausser ihm vielleicht nur einem Flandrin gelungen ist, ohne in archaistische Manierirtheit zu verfallen.

Reber - Bautechnischer Führer durch München (1876)