Basilika zum hl. Bonifaz

Reber - Bautechnischer Führer durch München (1876)

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Die Basilika zum hl. Bonifaz in der Karlstrasse, Pfarrkirche der Ludwigsvorstadt und Klosterkirche der Benediktinerabtei wurde von König Ludwig I. anlässlich seines 25jährigen Vermählungsjubiläums 1835 gegründet und nach den Plänen wie unter Leitung des Baurathes P. Ziebland bis 1850 erbaut. Das Aeussere ist ziemlich schmucklos in Backstein ohne Verputz hergestellt, die bescheidene Decoration aber dem romanischen Styl entlehnt. Das Motiv zur (achtsäuligen) Vorhalle, durch welche sich die Dachung der Seitenschiffe auch um die Fronte herum fortsetzt, ist von ähnlichen Basiliken Roms, wie S. Lorenzo fuori le mura, S. Maria in Cosmodin oder S. Maria in Trastovero geschöpft. Ebenso liegen der Gestaltung des Innern die grösseren römischen Basiliken, in erster Linie S. Paolo fuori le mura als Vorbilder zu Grunde. Der mächtige Kaum ist durch 1 Säulenreihen in 5 Schiffe getheilt, an deren mittleres ohne dazwischengesetztes Querschiff unmittelbar die halbkreisförmige Apsis anschliesst. Die 64 Säulen, mit monolithen Granitschäften und in reicher Abwechslung sculpirten romanisirenden Marmorkapitälen erwecken in iliron durch romanische Gedrungenheit von den korinthischen Säulen der römischen Basiliken abweichenden Verhältnissen in dem Beschauer das beruhigende Gefühl, dass sie ihrer wenigstens im Mittelschiff bedeutenden Function mehr gewachsen seien, als die überschlanken korinthischen Formen der römischen Basilikal-Vorbilder, wie sie auch ihres stärkeren Durchmessers halber ohne Zwischenstellung eines Kämpferaufsatzes das Archivoltenauflager in entsprechender Mauerstärke erlauben. Ist aber demnach des Architekten Vorgreifen zu einem späteren Styl in den Säulen nur zu billigen, so erscheint dagegen das Festhalten an der künstlerischen Armuth der altchristlichen Epoche an anderer Stelle geradezu unbegreiflich, so in den architektonisch gliederungslosen Wänden des Mittelschiffes, in der mangelnden Decke unter der Bedachung der Seitenschiffe u. s. w., wenn  es auch gelungen ist, die Barbarei des offenen Dachstuhls in Mittelschiff durch zierliche Behandlung der Balkon weniger empfindlich erscheinen zu lassen. Der Apsidenraum ist mit dem angränzenden Theil des Mittelschiffes durch eine als Begräbnissraum für die Ordensmitglieder bestimmte ziemlich umfängliche Krypta überhöht, was der Altarstelle eine ausdruckvolle Würde verleiht, es ist jedoch zu bedauern, dass man es versäumt hat, dem Presbyterium beiderseits die basilikalen Ambonen anzusetzen, wodurch man der kindischen auf Schienen verschiebbaren Kanzel im linken Seitenschiffe überhoben gewesen wäre. 

Ein wesentlicher Theil der Wirkung beruht aber auf der farbigen Ausschmückung, von welcher die oinfache Stuckmarmormusterung der Wände der Seitenschiffe sehr zu rühmen ist. Die Gemäldeausstattung war H. Hess und seinen Schülern übertragen, ohne dass es jedoch diesen hier mit Ausnahme der Apsis gelang, jenen Ton anzuschlagen, der dem Styl des Gebäudes entsprach, wie es denselben Künstlern bei der Ausmalung der Allerheiligen-Kirche geglückt war. Die Formgebung in den Gemälden aus der Geschichte des Kirchenpatrons ist zu wenig streng und die Farbe zu kraftlos und süss, als dass die sonst und an sich sch nen Gemälde sich harmonisch in das altchristliche Gebäude fügten. Von Einzelnheiten bemerkenswert ist ausser den Altargemälden der Seitenaltäre von H. Hess (Madonna mit Heiligen) und J. Müller (Steinigung Stephani) die Grabstätte des Erbauers, des Königs Ludwig in der Kapelle neben dem Seiteneingang rechts, die der jenseits dos Orgelchores links gegenüber liegenden Taufkapelle entspricht. Ein schlichter Marmorsarkophag enthält die Ueberroste dos Königs, in dor unterhalb befindlichen Gruft ist die Leiche seiner Gemahlin, der Königin Therese, beigesetzt. Hinter der mit einem Arkadenfries geschmückten Apsis erhebt sich ein schlichter Glockenstuhl, worauf sich die Abtei anschliesst, welche im Refectoriurn ein schönes Abendmahl von H. v. Hess enthält. Aeusserlich musste sich das Kloster die Einschiebung in die verlängerten Seitenmauern des Kunstausstellungs-Gebäudes gefallen lassen, damit dieses wenigstens äusserlich eine der Glyptothek gleichartige Tiefe erlangte.

Reber - Bautechnischer Führer durch München (1876)