Augustinerkirche

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)

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Augustinerkirche, Neuhauserstr. 53. Geschichte. Herzog Ludwig der Strenge berief 1290 aus Regensburg die Augustiner Eremitenmönche und baute ihnen (damals außerhalb der Stadt) auf dem „Haberfeld“ an der „Neuhauser Markung“ beim Kirchlein der beiden hl. Johannes (des Apostels und des Täufers) ein Kloster. Die Gebäude blieben beim großen Stadtbrand 1327 verschont, wurden 1458 aber vergrößert. (1347 soll Kaiser Ludwig der Bayer nach seinem plötzlichen Tode in dieser Kirchengruft beerdigt worden sein; nach den erfolglosen Forschungen 1877 nach dessen Leichnam wurden die Skelette jenes Mannes, der anfangs, wohl irrtümlich, mit dem Kaiser identisch gehalten wurde, in einer Separatgruft der Frauenkirche beigesetzt.) Kurfürst Max Emanuel genehmigte 1699 den Mönchen (gleich den Paulanermönchen, s. Au) zur Bestreitung ihres Unterhaltes den Bau eines eigenen Mietstockes, des bisherigen „ Augustinerstockes“; auch hatten sie das Ausschankrecht des ,,Augustiner Bieres“ bis zur Säkularisation, die das Kloster aufhob und die Kirche in •eine Mauthalle verwandelte. Kloster und Augustinerstock mußten 1912 dem neuenPolizeigebäude Platz machen [F].

Kunst. Grundriß: Ursprünglich (1290) kleine dreischiffige romanische Basilika mit nur 3 Jochen, der jetzige Chor (im oberen Teil) noch erhalten; Chorschluß in 5 Achteckseiten, flankiert mit 12 kräftigen Strebepfeilern. 1458 Anbau des spätgotischen 8jochigen Langhauses (von Jörg Ganghofer? [Hugo Steffen UK 09/8]) und der Sakristei; hier Sterngewölbe auf einem einzigen schlanken Syenitpfeiler; aus 1458 auch die Choranbauten [fl. Steffen 1. c]. Unter der Kirche ausgedehnte Gruftkatakomben. Gemäß den Bauvorschriften der Augustiner-Eremiten Verzicht auf Querschiff, Chorumgang mit Kapellenkranz und monumentalen Turm (gleich den andern Mendikantenkirchen nur ein Dachreiter); trotzdem in der gotischen Zeit eine der stattlichsten Kirchen Bayerns. Mittelschiff ursprünglich flach gedeckt, seit 1458 gleich den Seitenschiffen mit spätgotischem Kippengewölbe; deren spitz - bogige Kappen noch unter der nachmaligen Stuckatur erkennbar. 1620/21 -vollständige Umgestaltung im Sinne des Barock, ausgenommen Chor (mit seinen Strebepfeilern und Ausbauten) und Sakristei; in dieser Gestalt bis heute erhalten. Dabei wurde das Mittelschiffgewölbo in eine Tonne mit Stichkappen umgeformt, die Spitzbogenarkaden der Seitenschiffe und die Fenster in Halbkreiäbögen verwandelt, die Westfassade schwungvoll über den Giebel emporgeführt und die Außenwände — bis dahin gleich jenen der Frauenkirche unverputzt — ähnlich wie damals auch die Peterskirche, mit Fassadenputz versehen [KB, SB 05/1 und 07/33].

Dekorative Ausgestaltung: An der Vorderseite der rechteckigen Pfeiler Kompositpilaster, darüber ein Gesims; über diesem, entsprechend dea Pilastern, flache hermenbesetzte Wandpfeiler. An der Hochschiffwand rechteckige Felder; in deren Mitte Engelsköpfe und Festons. Gewölbe •durch Stuckierung einfach geteilt; zwischen den Spitzen 2 gegenüberliegender Stichkappen ovale Medaillons; dazwischen in der Längsrichtung kreuzförmige und geschweifte Felder, in Blattkonsolen und Engelsköpfe auslaufend. In den Seitenschiffen, an den Außenwänden und den Pfeilern Pilaster; an den Gurten und Graten der Kreuzgewölbe Rosetten und Pfeiffen; im Scheitel viereckige und runde Felder [KBj.

Im Straßenbild (etwa gesehen von der Einmündung der Eisenmannstraße in die Neuhauserstraße) bietet die Kirche eines der schönsten Architekturbilder, die es überhaupt gibt. Es beruht auf dem Nebeneinander der hochragenden, im rechten Winkel dazu stehenden Michaelskirche und der flachgestreckten, •einheitlich mit langem First dahergehenden Augustinerkirche — ein Gegensatz der Form, im größten Maßstab vorgetragen, wie er einer Stadt ganz ungeheuer wohltut. Rechnen wir noch dazu, daß die Frauentürme mit ins Bild hineinragen, so empfinden wir, daß wir da an einem der ausgezeichnetsten Punkte des europäischen Städtebaues stehen.

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)