Karmelitenkirche St. Nikolaus

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)

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Karmelitenkirche St. Nikolaus, Karmeliterstraße 2.

Geschichte. Kurfürst Maximilian I. gelobte in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag, 8. September 1620, für den Fall seines Sieges den Karmelitern in München Kirche und Kloster zu bauen — wahrscheinlich in Hinsicht auf den heiligmäßigen Karmelitenmönch Dominikus Kuzzola aus Spanien, der als Feld pater (ähnlich wie der Tiroler Kapuziner Haspinger) mit einem Kreuz in der Hand während des Kampfes die Soldaten begeisterte und zur Tapferkeit entflammte. Schon 1629 zog dieser Orden aus Prag in München ein; indes erst 1657 wurde mit dem Bau der großen Klosterkirche an Stelle der alten kleinen Nikolauskirche begonnen.

In der Säkularisation wurde das Kloster aufgehoben, die Kirchenausstattung größtenteils entfernt, das Kloster als Erziehungs- Institut den Benediktinern unter Leitung des P. Holland (daher heute noch „Hollandeum“) übertragen und die Kirche als „Studienkirche“ verwendet; ein anderer Teil des Klosters dient dem „Ludwigsgymnasium“ (Maxburgstraße), ein anderer dem erzbischöflichen Ordinariat (Pfandhausstr. 1).

Kunst. Kirche erbaut 1657—60 von Hans Konrad As/jeraus Konstanz, interessant alsMittelglied zwischen der Michelsund Theatinerkirche; der Architekt konnte sich noch nicht ganz von der mittelalterlichen Tradition befreien: er wendet für das Mittel- und Querschiff noch immer das mittelalterliche Kreuzgewölbe an, obgleich er sich bemüht, in Weiträumigkeit und Uebersichtlichkeit dem neueren Kirchentypus möglichst gerecht zu werden [BAJ 114]; übrigens „einen sakralen Raum von weitem lichtem Eindruck mit noch simpleren Mitteln herzustellen und nirgends ans Profane zu streifen, dürfte schwer sein; hier war der Ansatz zu einer populären Ausbreitung des Münchner Jesuitenbaues in kleineren Verhältnissen gegeben [W 124].“

Grundriß und Aufbau: einfacher und rechteckiger Renaissancebau, durch das Querschiff in der Mitte der Länge kreuzförmig; rechtwinkliger Chorabschluß; Nebenschiffe durch Pfeiler in Kapellenräume geteilt, die jedoch mittelst schmaler Durchgänge unter sich verbunden sind. Pfeiler mit jonischen Pilastern besetzt; über ihnen Gesims und Attika. In Haupt- und Nebenschiffen Kreuzgewölbe; Stuckdekoration spärlich und schwerfällig; Orgelempore: von Engeln getragen; gut gearbeitetes schmiedeeisernes Abschlußgitter. Aeußeres um 1805 von Nikolaus Schedel von Greifenstein in Front und Langseite in eine toskanische Pilasterarchitektur im Sinne des französischen Klassizismus umgebildet. Altäre aus 1805 in klassizistischem Stil, mit Altarbildern aus der Schleißheimer Galerie; für letztere die Hochbauten als Rahmen errichtet mit dem Streben jener Zeit, die Formen der wahren Antike nachzuahmen. Hochaltar (Altarbild „Mariä Himmelfahrt“ von Andreas Wolf) nach dem System des römischen Portalbaues: 2 mächtige korinthische Säulen, darüber das wuchtige Gebälk mit einfachem Dreieckgiebel; Gebälk und Giebel mit Konsolenschmuck; architektonische Teile grau marmoriert, Kapitelle und Konsolen vergoldet; seitlich aus der Erbauungszeit 2 bewegte Barockfiguren St. Joseph und Andreas Faistenberger. Seitenaltarbilder: rechts „Christus am Kreuz“ von Zenetti, links „Die hl. Verwandtschaft Jesu“ von P. Candid. Bemerkenswert ein Bild „St. Nikolaus“ gemalt von Konservator Karl Mattenheimer 1845, sowie ein „St. Aloysius“ mit den (porträtähnlichen) Gesichtszügen eines 1844 als Kooperator von Haidhausen verstorbenen jungen Münchner Geistlichen Otto Mühlbauer, dem die dankbaren Haidhauser an der Außenwand der alten Haidhauserkirche ein Denkmal setzten. In der Sakristei eine Votivtafel mit einer Szene aus der Schlacht bei St. Gotthard in Ungarn (gegen die Türken) am 1. August 1664, gestiftet von Rittmeister Jakob Pendler [F. Hf. KB, R, Rb].

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)